Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
Niederlande
29 December 2019  

Abenteuer (2)

„Leben"

 

Du glaubst, dass der Verstand nichts zu tun hätte, wenn alles perfekt ist. Da gäbe es für den Verstand keine Arbeit zu tun. Aber du verstehst nicht, dass es nichts gibt, was der Verstand jemals getan hat.

Du verstehst nicht, dass der Verstand keinen Moment im Leben macht. Verstehe: Der Moment war im Leben mit der Vegetation und den Tieren, lange bevor der Mensch im Moment war. 

Verstehe auch, dass das, was in jedem Moment ist, auch nicht von dir oder deinem Verstand gemacht werden kann. Verstehe, dass alles im Moment geschieht. Die Gedanken geschehen. Du wirst durch die Gedanken konditioniert zu glauben, dass dein Verstand etwas tun kann. 

Ist dir nicht klar, dass du zu jedem Zeitpunkt des Tages immer in einer bestimmten Stimmung bist? Du findest dich plötzlich zu jedem Zeitpunkt des Tages in einer bestimmten Stimmung wieder. Dein Verstand hat nie etwas getan, um in diese Stimmung zu kommen.

Hast du das in deinem Leben beobachtet? Den ganzen Tag über bist du in irgendeiner Stimmung! Du bist in irgendeiner Stimmung, ob du es magst oder nicht. Diese Stimmung geschieht dir einfach.

Verstehe dementsprechend, dass dir jede Bewegung deines Körpers geschehen wird. Dein Körper bewegt sich, ob es deinem Verstand gefällt oder nicht. Selbst wenn du glaubst, dich nicht zu bewegen, bewegst du dich immer noch.

Ab dem Moment der Befruchtung wächst du in jedem Moment deines Lebens. Das bedeutet, dass der Verstand dich in keinem Moment wachsen lässt, weil der Verstand keinen Moment im Leben oder im Verstand macht. 

Verstehe, dass du zum Leben werden wirst, wenn der Handelnde, das Handeln und die Handlung, alle drei, in einem Fluss sind. Wenn du verstehst, dass der Verstand nicht handeln kann und alles perfekt ist, so wie es sein soll, wirst du das Drama im Verstand verstehen und du wirst sehen, dass der Verstand als eine Bühne vor dir erscheint.

Du bist auf Distanz. Beobachte das Drama, wie es im Wachzustand mit Unterbrechungen vor sich geht, während du, ganz allein, wieder eins bist – eins mit dir selbst. Das Bedürfnis zu tun ist ein Gehstock, damit der Verstand gehen kann, doch der Körper geht so, wie es ihm in jedem Moment zu gehen bestimmt ist. 

Lebe dein Leben, wie es ist. Verstehe deinen Verstand, wie er ist. Verstehe, dass die Wahrheit ist: Realität und Illusion sind paradox. Verstehe, dass die Logik im Verstand das Paradoxon des Moments, das im selben Moment sowohl real als auch illusionär ist, nicht machen kann.

Die Erleuchteten leben das Paradoxon des Moments mit Geduld und Vertrauen als ein Abenteuer.

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V.S. Shankar 2019
 

Anmerkung des Herausgebers:
Die Tiefe des Verständnisses, die hier offenbart wird, ist beides: einfach und doch undurchdringlich. Dieses Licht des Erleuchteten kommt tief, tief, tief von innen, nicht als ein Objekt, das von außen beleuchtet wird. Das Leben und der Verstand, das Reale und das Illusionäre, sind nicht so zu verstehen, wie ein Objekt verstanden werden kann – weder durch eine Methode noch durch irgendeine Bemühung des Menschen. Von den Weisen beschenkt zu werden mit dem Verständnis, wenn auch ganz allmählich, in flüchtigen Blicken, dass der Verstand eine Bühne ist, auf der die Ereignisse des Lebens in Erscheinung treten, ist für die Menschheit das Juwel in der Krone. Wieder eins mit sich selbst zu sein, belebt das Abenteuer. Was für eine Dankbarkeit gegenüber der Weisheit und der Intelligenz des Lebens!
Julian Capper. Großbritannien. 

Anmerkung des deutschen Übersetzers: 
Der erste Satz dieses Artikels birgt eine solche Tiefe: Dass der Verstand noch nie etwas getan hat, ist die Einsicht der Erleuchteten. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen, dass das Leben von nun an außer Kontrolle gerät geht, wenn du dies verstehst und dich darauf verlässt. Das Leben als eine einzelne Bewegung war schon immer unter der Kontrolle des Lebens. Wer diesen Punkt klar versteht, vertraut sich automatisch dem Leben an, nicht dem Verstand. 
Marcus Stegmaier, Deutschland. 

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