Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
The Netherlands
13 December 2016

 Das Leben ist illusionär

„Optisch und auditiv“

 

Die Erleuchteten haben verkündet, dass das Leben illusionär ist. Die Verkündigung ist schwer zu verstehen, denn das tägliche Leben ist für den konditionierten Verstand real und nicht illusionär.

Die Bilder von Subjekten und Objekten, die man im täglichen Leben sieht und wahrnimmt, sind für den konditionierten Verstand real und nicht illusionär.

Wie kann der Mensch also verstehen, dass das Leben illusionär ist? Die einzige Möglichkeit ist, zu untersuchen und zu erforschen, damit man das Subjekt und das Objekt, was man im täglichen sieht, versteht. Das Verständnis kann später auf Pflanzen und Tiere übertragen werden.

Sehen: Was man außen sieht, ist eine Bezeichnung eines Bildes eines Subjekts oder Objekts. Jedes Atom des Subjekts oder Objekts, was man außen sieht, ist allerdings Licht. Die Funktion des Auges ist es, Licht-Wellen von draußen zu empfangen. Die Licht-Wellen erreichen das Gehirn, dessen gesamte Atome ebenfalls Licht sind.

Dasselbe Phänomen widerfuhr auch dem primitiven Menschen. Licht-Wellen, die in die Augen des primitiven Menschen von außen eindrangen, entwickelten sich anfangs zu Farben und später zu illusionären Bildern im Verstand. Diese Bilder entwickelten sich zu visueller, illusionärer Erinnerung.

Später entwickelte sich Licht in den illusionären, farbigen Bildern zu Tönen im Verstand. Töne entwickelten sich weiter zu illusionären Buchstabe und dann zu illusionären Worten. Illusionäre, visuelle Erinnerung entwickelte sich schließlich weiter, um auditive Erinnerung von illusionärem Wissen zu bilden. Die Bewegung des illusionären Wissens entwickelte sich weiter und wurde präzise über die illusionären Bilder aus Licht gelegt. Das Ego entwickelte sich schnell dazu, zu glauben, dass die Worte, die illusionäre Licht-Bilder im Verstand überlagerten, eine Wirklichkeit oder Realität sind.

Als das Leben das Ego weiter entwickelte, glaubte das Ego, dass die illusionären Bilder aus Licht außerhalb als eine Realität oder Wirklichkeit existieren. Doch, was außen existierte, war nur Licht und nicht Bilder aus Farbe, Realität oder Wirklichkeit. Daher ist das, was man außen als Realität oder Wirklichkeit sieht, imaginierte Bilder aus farbigen Lichtern mit Überlagerung von illusionären Worten. Das impliziert, dass das, was man außen sieht, illusionär ist, doch man hält es für real oder wirklich.

Das obige Phänomen ist bei einem neugeborenen Kind offensichtlich. Das neugeborene Kind wird zuerst von Farben (visuelle Erinnerung in Form von Bildern) und später von Tönen angezogen. Wenn die Entwicklung voranschreitet, antwortet das Kind auf einzelne Worte (Erinnerung in Form von Wissen). Später identifiziert das Kind Bilder außen auf falsche Weise, was auf Bewegung von Worten in der Erinnerung hindeutet, zum Beispiel wird eine Katze als Hund identifiziert, doch für das Kind ist das weder richtig noch falsch. Wenn die Bewegung von Worten aus der Erinnerung auf präzise Weise Bilder überlagern, beginnen korrekte Identifikationen, die bei wiederholtem Lob der Eltern, dass die Identifikation richtig ist, den Verstand des Kindes zu richtig und falsch konditionieren.

Sprechen und Gedanke: Verschiedene Töne stoßen auf das Trommelfell und nicht Worte. Die Ton-Wellen wandern durch den Hörnerv als Lichtsignale zum Gehirn. Diese Ton-Wellen als Licht-Signale entwickeln sich zu illusionären Buchstaben und schließlich zu illusionären Worten.

Wenn der Mensch spricht, stößt er Ton-Phoneme aus, doch diese Töne werden im Gehirn als illusionäre Worte gehört. Daher werden gesprochene Töne als illusionäre Worte gehört. Das bedeutet, dass gesprochene Worte nicht nur illusionäre Töne sind, sondern auch als illusionäre Worte gehört werden. Entsprechend sind Gedanken eine illusionäre Transformation von illusionären, subtilen Tönen.

Entsprechend sind auch Emotionen Gedanken und keine Wirklichkeit oder tatsächlich. Das impliziert, dass Sinneswahrnehmungen Gedanken sind und keine Wirklichkeit oder tatsächlich. Die Gedanken von Sinneswahrnehmungen erzeugen eine Illusion von Realität oder Wirklichkeit aufgrund illusionärer Dualität.

Der Mensch weiß nur durch Worte, dass eine reale Handlung, Wort oder Gedanke wirklich geschehen ist, und zwar erst, nachdem es geschehen ist und niemals bevor es tatsächlich geschieht. Der Mensch weiß in Form von Gedanken, was er tun, sagen oder denken kann, doch er weiß durch Gedanken nicht den präzisen Moment oder die präzise Handlung, die er tun wird, oder, was er sagen oder denken wird. Er erfährt davon in Form von Gedanken erst mit Sicherheit, nachdem die Handlung, das Wort oder der Gedanke geschehen ist. Das impliziert, dass der Mensch nicht der Handelnde, Sprechende oder Denkende ist, obwohl sie, wenngleich illusionär, geschehen. Das Leben ist also eine Illusion und keine Realität.

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V. S. Shankar 2016

Anmerkung des Herausgebers:
Die Weisen haben klar gemacht, dass der Verstand des Menschen konditioniert ist. Das ist kein Fehler; es ist, wie es sein soll. Dass das Leben eine Illusion ist, dass, was man im Leben hört oder sieht, eine Illusion ist, dass, was man denkt oder emotional erlebt, eine Illusion ist, kann der konditioniert Verstand nicht wahrnehmen. Das ist kein Fehler. Die Weisen verkünden in diesem Artikel, dass die Durchdringung dieser Illusion nur möglich ist durch Untersuchen und Überprüfen. Daher offenbart sorgfältiges Lesen dieses Artikels auf wunderbare Weise, wie diese Durchdringung geschieht. Was für ein Geschenk für den Menschen.
Julian Capper, Großbritannien.

Anmerkung des deutschen Übersetzers:
In diesem scharfsinnigen Einblick in die Art und Weise, wie sich das Leben zu einem Menschen weiterentwickelt, der eine reale äußere Welt denkt, liefert Dr. Shankar eine Kurzfassung seines Buches „Die Evolution des Verstandes“, ja in der Tat, es ist alles, was er der Menschheit zu sagen hat in einer Nussschale. Für ein tieferes Verständnis ist das Buch wärmstens zu empfehlen. Es erklärt detailliert jeden Aspekt des menschlichen Verstandes und wie er illusionär ist und warum. Die Evolution des Verstandes zu verstehen ist der Schlüssel zu Vertrauen und Geduld mit allem und jedem, was in unseren illusionären Verständen erscheint.
Marcus Stegmaier, Deutschland.

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