Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
Niederlande
27 may 2021 

Denkender

„Gedanken“

 

Jeder Mann und jede Frau ist davon überzeugt, dass sie denken können, und glauben daher, dass sie Denkende seien, die denken können. Eltern sagen ihren Kindern, sie sollen denken, bevor sie etwas tun.

Ältere Menschen sagen allen, die jünger als sie sind, dass sie denken sollen. Religiöse Führer sagen ihrer Gemeinde, dass sie denken sollen, was richtig und was falsch ist, bevor sie handeln. Im Grunde denken also alle, dass sie Denkende seien und dass sie denken könnten.

Wenn Mann und Frau von sich aus denken könnten, wären sie in der Lage, den ersten Gedanken zu denken, den sie jeden Morgen haben, aber sie können es nicht. Das liegt daran, dass der erste Gedanke am Morgen ihnen geschieht und sie ihn nicht dazu bringen, dass er ihnen geschieht.

Ebenso geschehen ihnen alle Gedanken, die sie im Laufe des Tages haben, und sie lassen die Gedanken nicht geschehen. Wenn sie es könnten, dann könnte jeder Mann und jede Frau die Gedanken denken, die sie gerne hätten, aber das ist nicht unter ihrer Kontrolle.

Jeder Mann und jede Frau glaubt, dass sie die Handelnden seien und auch die Sprechenden. Sie glauben auch, dass die Gedanken in ihrem Verstand sie zum Handeln brächten. Wenn das so wäre, dann könnte jeder Mann und jede Frau denken, was sie tun, sprechen oder denken wollen. Das ist nicht der Fall, denn was sie tun wollen, kann manchmal nicht getan werden, und was sie sagen wollen, erfahren sie, nachdem sie gesprochen haben. Ebenso verhält es sich auch mit dem Denken.

Der Gedanke, schlafen zu gehen, führt auch nicht dazu, dass der Schlaf eintritt. Auch der Schlaf geschieht, wenn er geschehen soll, und Mann und Frau können den Schlaf nicht in dem Moment herbeiführen, in dem sie ihn haben wollen.

Durch Denken entsteht kein Moment, denn es ist bereits ein Moment vorhanden, in dem das Denken stattfindet. Daher muss jeder Mann und jede Frau verstehen, ob ein Mann oder eine Frau tatsächlich ein Denkender ist.

Ein Buchstabe in jeder Sprache ist ein Ton und so sind Buchstaben in jedem Wort oder in jeder Sprache Töne. So ist im Grunde jedes Wort aufgrund des Denkens als Gedanke nur Töne, die als Worte im Denken des Mannes und der Frau erscheinen.

Ton wird durch jedes Lebewesen in der Natur abgegeben. Auch Mann und Frau sind Lebewesen in der Natur. Ton ist in jedem Fleckchen der Natur vorhanden. Nur bestimmte Töne in Mann und Frau werden beim Sprechen als Worte manifestiert. Ebenso manifestieren sich bestimmte Töne in jedem Mann und jeder Frau als Worte in den Gedanken, die beim Denken vorhanden sind.

Kein Mann und keine Frau macht irgendeinen Moment im Leben, denn der Moment im Leben war im Leben vorhanden, lange bevor Mann und Frau im Leben vorhanden waren. Der Moment beinhaltete Mann und Frau innerhalb des Moments zusammen mit der Materie, der Vegetation und den Tieren. 

Wenn Mann und Frau in der Lage wären, den Moment zu erschaffen, dann könnten sie auch in der Lage sein, das Denken im Moment geschehen zu lassen. Da Mann und Frau keinen Moment im Leben geschehen lassen können, können sie auch das Denken nicht geschehen lassen.

Die Erleuchteten erkennen, dass Mann und Frau nicht der Handelnde, Sprechende oder Denkende sind. Die Erleuchteten urteilen daher nicht über Menschen. Die Erleuchteten akzeptieren jeden in dem, was jeder tut, spricht oder denkt.

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V. S. Shankar 2021

Anmerkung des Herausgebers: 
Im Wissen, vor dem der Mensch die höchste Achtung hat, sucht er nach dem Ursprung des Planeten, den er bewohnt, und darüber hinaus nach dem Ursprung des Lebens selbst. Man glaubt, dass dies schließlich durch die Erforschung des Planetensystems verstanden werden kann. Bewaffnet mit dieser zuversichtlichen Überzeugung glaubt der Mensch, dass er die Fähigkeit hat, zu tun, zu sprechen und zu denken. Darüber hinaus wird der Mensch von klein auf von Eltern und Lehrern mit Lob und Preisen als Belohnung für den Erfolg dazu erzogen, sich in diesen Leistungen zu übertreffen. In der Weisheit jedoch offenbaren die Erleuchteten, dass die Fähigkeiten des Handelns, Sprechens und Denkens, wenngleich illusionär, dem Menschen von der Intelligenz des Lebens geschenkt worden sind. 
Julian Capper, Großbritannien. 

Anmerkung des deutschen Übersetzers: 
Das eigene Denken ist das Nächste, was es bei einem Menschen gibt. Jeder hört nur seine eigenen Gedanken, niemals die der anderen, es sei denn, sie werden ausgesprochen, aber das sind nicht alle Gedanken, die jemand hat. So ist jeder Mensch mit seinen eigenen Gedanken allein, denn auch die Worte, die von anderen gesprochen werden, erscheinen nur durch die Vermittlung der eigenen Gedanken. Jedes Wort, das von anderen gesprochen wird, ist ein Gedanke im eigenen Verstand und wird von den eigenen Gedanken interpretiert, das heißt, es wird auf seine eigene, einzigartige Weise zu Ende gedacht. Daher ist Kommunikation immer eine Illusion und niemals real, was die Weisen verkünden, wenn sie erklären, dass die Menschen in ihren jeweils eigenen privaten Gedankenwelten leben, über die niemand die Kontrolle hat. Damit ist gemeint, dass die Welt, wie wir sie wahrnehmen, maya ist: eine Illusion von Gedanken, ständig im Fluss, vergänglich, relativ und niemals absolut wahr. Dass dies unzweifelhaft so ist, bestätigt Dr. Shankar in diesem Artikel mit detaillierten unwiderlegbaren Gründen. 
Marcus Stegmaier, Deutschland. 

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