Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
The Netherlands

22 Januar 2019

Erwarten

„...dass es geschieht“


Der Mensch erwartet, dass etwas passiert. Die Erwartung kann eine Handlung oder eine gesprochene Antwort sein. Wenn das, was der Mensch erwartet, geschieht, ist er im Moment zufrieden und erwartet, dass es wieder geschieht.

Wenn das, was der Mensch erwartet, nicht geschieht, fühlt er sich im Moment nicht wohl. Er ist ängstlich, freut sich auf das Erwartete und hat Angst, es könnte nicht eintreffen.

Weisheit zeigt, dass der Moment im täglichen Leben durch die Intelligenz im Leben manifestiert wird und weder vom Menschen noch von seinem Gehirn getan wird. Die Weisheit zeigt weiter, dass das, was im Moment ist, das Potenzial der Intelligenz ist.

Weisheit bedeutet, dass das, was sich im Moment befindet, wenngleich illusionär, durch das Potenzial der Intelligenz in diesem besonderen Moment manifestiert wird. Es wird nicht vom Menschen oder seinem Gehirn gemacht.

Gehirnscans zeigen, dass Entscheidungen sieben Sekunden vor der Entscheidung des Menschen geschehen. Die Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften enthüllen, dass menschliche Entscheidungen Sekunden, bevor der Mensch auf sie aufmerksam wird, getroffen werden.

In der Studie konnten die Teilnehmer frei entscheiden, ob sie einen Knopf mit der rechten oder linken Hand drücken wollten. Die einzige Bedingung war, dass sie sich erinnern mussten, wann sie die Entscheidung getroffen hatten, entweder ihre rechte Hand oder ihre linke Hand zu benutzen.

Mithilfe von FMRT scannten die Forscher die Gehirne der Teilnehmer, um herauszufinden, ob sie vorhersagen konnten, welche Hand die Teilnehmer verwenden würden, bevor die Teilnehmer sich der Entscheidung bewusst waren.

Die Ergebnisse, durch die Überwachung der Mikro-Aktivitätsmuster im präfrontalen Cortex, waren, dass die Forscher sieben Sekunden, bevor der Teilnehmer von der Entscheidung wusste, vorhersagen konnten, welche Hand der Teilnehmer wählen würde.

Weisheit offenbart, dass dies ein Beweis dafür ist, dass der Mensch weder entscheidet noch vorhersagt noch vorherbestimmt. Weisheit offenbart, dass sogar die Bewegung der Hand, um den Knopf zu drücken, geschieht und nicht das Gehirn die Bewegung in dem Moment zu geschehen veranlasst

Die Bewegung geschieht, damit das Verständnis geschieht, dass das, was im Moment sein soll, im Moment sein wird, und nichts außer dem, was im Moment ist, in einem bestimmten Moment sein kann. Auch für das Verständnis, dass der Moment im Leben keinen Moment erwartet. Darüber hinaus manifestiert sich das, was im Moment ist, wenngleich illusionär, durch das Potenzial der Intelligenz im jeweiligen Moment.

Sri Ramana Maharshi hat verkündet, dass das, was bestimmt ist zu geschehen, wenngleich illusionär, geschehen wird. Sri Adi Shankaracharya hat im Nirvanashadakam verkündet, dass der Mensch nicht der Handelnde ist. Die Kena-Upanishad Vers 1.3 verkündet, dass Wort und Verstand keinen Zugang haben zum Absoluten Einen. Die Bhagavadgita Kapitel 3 Vers 27 erklärt, dass der Mensch nicht der Handelnde ist.

Die Erleuchteten sind dem Alltag dankbar, wie er in jedem Moment ist, und erwarten nichts im Alltag. Die Erleuchteten verstehen, dass das Leben so verlaufen wird, wie es bestimmt ist. Deshalb sind die Erleuchteten in jedem Moment ruhig und beständig und haben weder Angst noch Hoffnung in irgendeinem Moment.

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V. S. Shankar 2018

Anmerkung des Herausgebers:
Der Tag liegt vor uns wie der Weckruf, der jeden einzelnen von uns am Morgen stets aufs Neue erreicht. Erwartung und Vorwegnahme, unsere gewohnten Begleiter, sind bei uns, ob es uns gefällt oder nicht. Diese tägliche Erfahrung wird immer wieder wiederholt, obwohl sie illusionär ist und keine Wirklichkeit darstellt. Nichtsdestotrotz ist es eine Last für den Verstand eines jeden Menschen, bis........, bis dir ein weiser Mensch auf deiner Reise begegnet. Der Weise versteht, dass das, was in deinem täglichen Leben geschieht, in jedem Moment und mit Präzision nicht von dir oder einem anderen Menschen kommt. So begegnet jedem von uns genau das, was ihm begegnen soll. Dass man dem furchtlos und ohne Erwartung entgegentritt, ist das Geschenk eines solchen Verständnisses.
Julian Capper, Großbritannien

Anmerkung des deutschen Übersetzers:
Sich vertraut sein, bedeutet, sich minimal fremd sein. Zu glauben, man wüsste so ziemlich alles über den anderen ist eine Illusion, die zu Verurteilung, Beschuldigungen, Desillusionierung und Enttäuschungen führt. Erwartungen an den Anderen aufgrund des Glaubens, ihn gut zu kennen, sind eine unvermeidbare Gewohnheit des menschlichen Verstandes. Doch, Dr. Shankar zeigt es in diesem weisen Artikel einmal mehr, das Leben ist spontan, unvorhersehbar und unkontrollierbar. Daher sind Individuen sich immer mehr oder weniger fremd, weil man ihre Lebendigkeit im Hier und Jetzt mit dem Verstand nicht kennen kann. Diese Weisheit offenbart bedingungslose Liebe zu Fremden und Vertrauten in jedem Moment. Und Dankbarkeit für den Moment. 
Marcus Stegmaier, Deutschland.

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