Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
Niederlande
21 April 2018 

Gedanke 2

„Unausgesprochenes Wort“


Die Erleuchteten haben erklärt, dass das Leben das zeitlose und gedankenfreie Hier und Jetzt ist. Sie haben auch gesagt, dass das Leben wie ein Fluss fließt. Aber für jeden Mann und jede Frau sind Zeit und Denken im Hier und Jetzt präsent und das Leben ist voller Unterbrechungen und kein Fluss.

Was ist also das Verständnis der Erleuchteten?

Ein Gedanke ist nicht in jedem Moment des täglichen Lebens vorhanden. Wenn ein Gedanke tatsächlich in jedem Moment des täglichen Lebens vorhanden wäre, wäre der Verstand nicht in der Lage, ihn zu erkennen. Es ist auch unmöglich für jeden Moment, einen Gedanken in sich zu haben.

Es ist unmöglich, weil zwischen einem Moment und dem nächsten auch ein Moment ist. Wenn also in jedem Moment ein Gedanke vorhanden wäre, würde der Gedanke vom menschlichen Verstand nicht erkannt werden.

Der Grund, warum der Verstand einen Gedanken nicht erkennen könnte, wenn jeder Moment einen Gedanken hätte, einschließlich des Momentes zwischen den Momenten, ist die Tatsache des Momentes im täglichen Leben.

Die Tatsache des Momentes im täglichen Leben ist, dass er kontinuierlich, unkontrollierbar und unvorhersehbar ist. Ein Kontinuum hat nicht mehrere Momente, um mehrere Gedanken einer menschlichen Sprache zu enthalten, sondern der kontinuierliche Fluss des Lebens ist ein einzelner Moment. Auch ist der Moment der numerischen Zeit, der in jedem Moment gegenwärtig ist, dem Menschen noch nicht bekannt.

Die numerische Zeit zu kennen, die in einem Moment vorhanden ist, ist auch unmöglich, weil ein unabhängiger, tatsächlicher Moment, der von dem nächsten getrennt ist, nicht bestimmt werden kann. Es gibt keine Trennung zwischen den Momenten.

Was im Leben gegenwärtig ist, ist der kontinuierliche, unkontrollierbare und nicht vorhersagbare Ton verschiedener Intensitäten und Qualitäten. Im menschlichen Verstand erscheinen nur bestimmte Töne unterschiedlicher Intensität und Qualität als Gedanken.

Nun ist ein Gedanke ein Wort und ein Wort besteht aus Buchstaben. Das „Hier und Jetzt“ enthält keine Zeit, um einen Buchstaben oder ein Wort enthalten zu können. Dies bedeutet, dass das „Hier und Jetzt“ nur Ton mit unterschiedlicher Intensität und Qualität ist.

Dies impliziert, dass ein Gedanke mit einem Kontext, der eigentlich nicht als Wirklichkeit existiert, präzise durch die Intelligenz im Leben manifestiert wird. Das überzeugt Mann und Frau, dass ein tatsächlicher Gedanke tatsächlich existiert, während alles, was in jedem Moment existiert, nur Ton ist, der als illusionäre Gedanken mit Inhalt und Kontext erscheint.

Dies bedeutet, dass der Wachzustand mit einem Gedanken und ohne einen Gedanken tatsächlich gedankenfrei ist, weil das „Hier und Jetzt“ weder einen Buchstaben noch ein Wort noch einen Gedanken mit Inhalt und Kontext enthält.

Dies impliziert, dass ein Gedanke ein unausgesprochenes, illusionäres Wort ist, weil alles, was vorhanden ist, ein Fluss des Tons ist und auch nicht einmal ein Teil eines Tons ein Buchstabe sein könnte. Ein Fluss ist auch ein spontaner, unkontrollierbarer und nicht vorhersagbarer Fluss. Es gibt keine Teile in einem Fluss und der kontinuierliche Fluss ist auch nur Ton, genauso wie das Leben nur ein kontinuierlicher Fluss von Ton im Licht ist. Dies bedeutet, dass das Leben zeitlos und gedankenfrei ist und wie ein Fluss mit Ton fließt.

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V. S. Shankar 2018

Anmerkung des Herausgebers: 
Gedanken und Denken sind eine vertraute Tätigkeit für Menschen jeden Alters und jeder intellektuellen Fähigkeit. Sie sind so real für jeden von uns, wie das Sprechen, und den Denkern können sogar unterschiedliche Stufen der Wertschätzung in der Gesellschaft zukommen. Es gibt jedoch Gelegenheiten, bei denen Gedanken und Denken für den menschlichen Verstand überwältigend werden. Die präzise Manifestation eines Gedankens mit einem Kontext durch die Intelligenz im Leben wird durch das Verständnis des Weisen in diesem Artikel als illusionär offenbart. Das zu verstehen ist Freiheit; so frei wie ein fließender Fluss. 
Julian Capper, Großbritannien. 

Anmerkung des deutschen Übersetzers: 
Der Mensch möchte positive Gedanken. Der Mensch möchte negative Gedanken vermeiden. Positives Denken wird als Weg zum Glück betrachtet. Wenn man also etwas Negatives denkt über seine Situation, einen anderen oder sich selbst, wird einem geraten, stattdessen etwas Positives zu denken. Allerdings sollte man sich darüber klar werden, dass sich an der Situation, dem anderen oder einem selbst offensichtlich nicht das Geringste geändert hat, während man nun positiv denkt. Diese Erkenntnis zeigt, dass auch negative Gedanken nicht das Geringste an der Situation, am anderen oder einem selbst ändern. Es ist nur die Sichtweise, die sich ändert. Nun könnte man meinen, eine positive Einstellung hilft, dass es einem besser geht. Ein tieferes Verständnis ist allerdings die Einsicht, dass der Mensch vollkommen abhängig von positiven und negativen Gedanken ist, obwohl beide offensichtlich die Situation nicht ausmachen. Das Leben ist, wie es ist, egal ob wir positiv oder negativ denken. Wie real könnte das Denken also sein? Darüber sollte der Mensch tief nachdenken, um sich von der Abhängigkeit von seinen Gedanken zu befreien, egal, ob sie positiv oder negativ sein mögen. Dr. Shankar in „Gedanke 2“ führt dem Leser genau vor Augen, dass jeder Gedanke, positiv wie negativ, nichts Tatsächliches im Leben ist. Wer dies tief versteht, hört spontan auf, sich von positiven oder negativen Gedanken beeindrucken zu lassen. Die Abhängigkeit des Menschen von seiner illusionären Gedankenwelt, die er für Realität hält, endet. 
Marcus Stegmaier, Deutschland. 

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