Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
Niederlande
23 September 2019  

Geduld (1) 

„Verständnis“


Alles, was man braucht, ist Geduld, die der Mensch nicht immer hat. Geduld entgeht uns, weil wir uns fleißig an die Lebenskonzepte des Verstandes klammern. Das ist der Hauptgrund, warum uns die Geduld entgeht. 

Geduld ist von enormer Bedeutung. Sie ist die Tür zu deinem wahren Selbst.  Der Mensch kam ins Dasein, das sich selbst verfeinerte, damit der Mensch an die Tür der Geduld klopfen konnte. 

Geduld kommt zu Mann und Frau, sobald sie verstehen, wie oberflächlich der Verstand ist. Geduld kommt zu Mann und Frau, sobald sie den Verstand tief verstehen.

Mann und Frau mit oberflächlichem Verständnis des Moments im Verstand halten den Moment im Leben für selbstverständlich. Mann und Frau, mit tiefem Verständnis des Moments im Verstand, verstehen, dass sich der Moment im Leben selbst erneuert.

Mann und Frau, mit oberflächlichem Verständnis des Moments im Verstand glauben, dass sie das machen, was in jedem Moment des Lebens ist. Mann und Frau, mit tiefem Verständnis des Moments im Leben, verstehen, dass die Intelligenz im Leben manifestiert, was in jedem Moment im Leben ist. 

 Geduld ist nicht das, wofür der Mensch sie hält. Was könnte also Geduld sein? Wir sprechen über – „Habe Geduld; jeder sollte Geduld haben“ – nicht wirklich ein Jota darüber wissend, was Geduld sein könnte. 

Verstehe die trügerische Natur des Verstandes, denn er regiert und wird von jemandem geleitet, der das Ego genannt wird. Das Ego treibt dich nicht dazu, geduldig zu sein. Das Ego treibt dich an, erfolgreich zu sein, prestigeträchtig zu sein, ehrgeizig zu sein: darum geht es dem Ego unter dem Strich. 

Die Erleuchteten sind geduldig in jedem Moment des täglichen Lebens, wie es ist. Der Mensch mit Wissen bemüht sich, geduldig zu sein anstatt das Leben so zu leben, wie es ist. Warum geschieht dies?

Es geschieht, weil dem Menschen nicht beigebracht wird, dass sich das Leben so entwickeln wird, wie es bestimmt ist, sich zu entwickeln. Wenn das Verständnis geschieht, dass der Mensch die Evolution nicht unter Kontrolle haben kann, dass das, was in jedem Moment des Lebens bestimmt ist, sein wird und dass der Mensch den Moment nicht so machen kann, wie er sein sollte, dann wird der Mensch im Leben geduldig sein.

Die Erleuchteten haben in jedem Moment des täglichen Lebens Geduld, egal was der Moment in sich trägt, denn sie verstehen, dass der Mensch weder einen Moment macht noch das, was in einem Moment im Leben ist.

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V. S. Shankar 2019

Anmerkung des Herausgebers: 
Im Wissen kann sich der Mensch sorgen, wenn das, was vor ihm liegt, nicht seinen Vorstellungen oder Neigungen entspricht. Doch seine Disposition oder Ausbildung kann ihn zwingen, es mit Geduld anzunehmen. Geduld, wie es die lateinische Ableitung des Wortes besagt, impliziert jedoch ein gewisses Maß an Beständigkeit oder sogar Leid, wenn man keine Kontrolle hat. Das tiefe Verständnis der Weisen offenbart in diesem Artikel, dass das, was in jedem Moment vor dem Menschen liegt und in jedem Moment enthalten ist, nicht anders sein kann als das, was es ist. Die Weisen verstehen, dass der Mensch nicht der Handelnde im Sinne des Wortes ist: Er hat weder Kontrolle noch eine Wahl. Ein solches Verständnis fördert die Geduld.
Julian Capper, Großbritannien.

Anmerkung des deutschen Übersetzers: 
Für den konditionierten Menschen ist Geduld immer damit verbunden, auf etwas Bestimmtes zu warten, das in einer Zukunft erwartet, die noch allzu weit entfernt scheint. Doch die Geduld, die von den Weisen wie in diesem Artikel verkündet wird, bezieht sich nicht auf bestimmte Erwartungen. Es handelt sich, unvorstellbar für das Ego, um erwartungsfreie Geduld, die das Hier und Jetzt lebt, wie es ist. Welch eine Offenbarung, wenn Verständnis geschieht!
Marcus Stegmaier, Deutschland. 

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