Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
Niederlande
9 Juni 2017

Geschichte

„Jeden Moment“

 

Ein Märchen beginnt mit der Zeile „Es war einmal“ und endet mit der Zeile „Sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage.“ Das Märchen handelt von der Vergangenheit und wird in der Gegenwart als die Vergangenheit erzählt.

Was auch immer in der Gegenwart im Leben geschieht, weiß man erst mit Sicherheit, nachdem es geschehen ist, und niemals, bevor es wirklich geschieht. Das impliziert, dass man die Vergangenheit in der Gegenwart als die Gegenwart kennt. 

Und auch ganz egal welche Meinung wir über andere im Leben in der Gegenwart haben mögen, man weiß die Meinung erst mit Sicherheit, nachdem sie geschehen ist, und niemals, bevor sie wirklich geschieht. Das impliziert, dass die Meinung in der Vergangenheit ist, und in der Gegenwart als die Gegenwart gewusst wird.

Eine Geschichte ist über die Vergangenheit, was impliziert, dass, was auch immer in der Gegenwart geschieht, die Meinungen über die Vergangenheit und nicht über die Gegenwart sind. Das impliziert, dass es eine Geschichte wirklich über die Gegenwart nicht gibt.

Das zeigt, dass die Unterhaltung darüber, was geschehen könnte, geschieht oder geschehen ist in der Gegenwart eine Geschichte ist und die Meinungen, die wir über andere in der Gegenwart haben, sind ebenfalls Geschichten. Sowohl die Geschichte als auch die Meinungen sind illusionär, weil eine Geschichte weder wirklich in der Gegenwart ist noch eine Wirklichkeit in der Gegenwart.

Das Mysterium des Lebens ist, dass eine Geschichte in jedem Moment erzählt wird, wenn Menschen reden. Die Geschichte ist eine Realität und eine Wirklichkeit für die Menschen, während eine Geschichte in der Vergangenheit ist und nicht in der Gegenwart.

Der Mensch ist sich noch nicht bewusst, dass er eine Geschichte erzählt, die weder real noch eine Wirklichkeit in der Gegenwart im Leben oder im Verstand ist. Doch er glaubt fest daran und ist überzeugt, dass seine Geschichten ihn das Leben in der Gegenwart leben lassen.

Der Mensch muss erst noch verstehen, dass er in jedem Moment des Lebens Geschichten erzählt, anstatt das Leben zu leben. Der Mensch muss erst noch verstehen, dass Geschichten, die er erzählt, ihn nicht das Leben in der Gegenwart leben lassen, sondern, dass die Intelligenz des Lebens ihn auf mysteriöse Weise ein illusionäres, tägliches Leben leben lässt.

Dieses Verständnis, wenn es geschieht, macht einen Mann oder ein Frau weise im Leben. Sie können das Verständnis weder ihm noch ihr zu geschehen erzwingen, weil sie die Evolution nicht unter Kontrolle haben. Dass sie das könnten, ist ebenfalls eine Geschichte.

Das Leben lässt das weise Verständnis der Geschichte des Alltags einem Mann oder einer Frau geschehen. Dieses weise Verständnis dekonditioniert den Verstand, dass sie etwas tun, etwas tun können und etwas tun sollten. Ein erleuchteter Verstand ist dekonditioniert.

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V. S. Shankar 2017

Anmerkung des Herausgebers:
Jeder von uns, egal welchen Alters, liebt ein Märchen und versteht, dass es ein Märchen ist, keine reale Geschichte. Sie wird immer und immer wieder erzählt, um alle zu erfreuen, die sie hören. Allerdings zeigt ein Moment tiefen Nachdenkens – denn es gibt nur einen Moment im Leben – dass jeder von uns eine Geschichte zu erzählen hat, die unser tägliches Leben ist, und die Realität des Lebens, von dem wir glauben, es zu erleben, wenngleich illusionär. Daher wird Geschichten Erzählen offenbart als ein andauerndes Geschenk, das vom Leben zur Verfügung gestellt wird, für das Engagement des Menschen, bis Verständnis geschieht. So ist Erleuchtung.
Julian Capper, Großbritannien.

Anmerkung des deutschen Übersetzers:
Die Geschichten, die wir einander erzählen machen die anderen und uns selbst glücklich oder traurig, euphorisch oder depressiv, manchmal liebevoll, manchmal wütend. Sie sind „unser“ Leben und wir sind mit den Geschichten identifiziert, bis wir verstehen, dass sie „unser“ Leben sind und nicht das Leben, wie es ist. Bis dahin leben wir „unser“ Leben im Gegensatz zu den Leben der „Anderen“. Die Weisen leben das Leben allerdings gemeinsam und nicht als meins oder deins. Die Weisen helfen uns die Zusammengehörigkeit des Lebens, wie es ist, zu verstehen, in diesem Artikel „Geschichte“.
Marcus Stegmaier, Deutschland.

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