Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
Niederlande
13 May 2020 

Ich will (1)

„Haben“


Du willst so viele Dinge im Leben. Oder etwa nicht? Hast du untersucht, was dieses Wollen des Verstandes sein könnte? Das Wollen ist ein so großer Faktor in deinem Verstand, oder nicht? Warum hat das Leben das Wollen in deinen Verstand gebracht?

Ich will ein Radio. Ich will ein Video. Ich will ein Kleid. Ich will dies. Ich will jenes. Ich will ein besseres Auto. Oder etwa nicht? Es ist nichts falsch daran, einen Wunsch zu haben. Hab ein gutes Auto. Aber sei glücklich. Hab, was du willst, doch sei glücklich. Doch bist du es?

Was ist der Mechanismus des Wollens? Was ist sein Platz im Verstand? Was ist seine Rolle?

Untersuche, wie viele Wünsche du in all den Jahren gehabt hast und dass das Wollen einen Kreislauf erzeugt hat. Hast du es verstanden? Meinst du nicht, dass es weise wäre, zu wissen, warum du Wünsche hast? Doch hast du die Frage gestellt, warum du Wünsche hast? 

Ist das etwa nicht wichtig? Endet das Wollen mit einem guten Ergebnis für dich, das alle anderen Wünsche auslöscht, oder wirst du einfach nur wollend leben? Bist du einfach nur ein wollender Mensch? Du scheinst ein sehr unglückliches Geschehen zu sein. Oder etwa nicht?

Die Katze ist glücklich. Der Hund ist glücklich. Der Baum ist glücklich. Das einzig unglückliche Geschehen in diesem Leben ist Mann und Frau als Er oder Sie. Doch ist das wirklich so? Obwohl du unglücklich bist mit dem, was du willst, willst du schließlich glücklich sein.

Untersuche dein Unglücklichsein und du wirst wissen, was Glück ist. Ohne dein Unglücklichsein zu untersuchen, willst du glücklich sein. Ohne das Wollen zu untersuchen, willst du einfach. 

Verstehe, dass nicht nur du im Leben fließt, sondern jeder Gegenstand, jedes Tier, jede Pflanze im Leben fließt. Jede Manifestation, jede wahrgenommene Manifestation im Wachzustand, ist auf einer Reise der Transformation im Leben. 

Verstehe, dass du zuvor ein Tier warst. Verstehe, dass du nun ein transformiertes Tier bist. Verstehe, dass ein Tier transformierte Vegetation ist. Vegetation besteht aus transformierten Elementen. 

Das Leben ist ein Transformationsprozess. Alles transformiert sich, alles entwickelt sich bis zum Punkt des Bewusstseins. Jede lebende und unbelebte Einheit im Leben kommt von der Quelle und wird als die Quelle zur Quelle zurückgehen. 

Sehr wenige Leute wollen wirklich wissen, was das Leben ist. Viele werden von den Märchen des Wollens im Verstand unterhalten. Wenn du den Transformationsprozess des Lebens verstehst, wirst du das Wollen in deinem Verstand verstehen. 

Die Weisen verstehen, dass jeder Moment im Leben ohne ein Wollen geschieht, weil der Moment viel früher im Leben war als Mann oder Frau im Leben waren. Die Weisen verstehen, dass jeder Moment das in sich hat, was er bestimmt ist, in sich zu haben, und dass er es in sich hat ohne ein Wollen. 

Die Erleuchteten leben jeden Moment ohne ein Wollen. 

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V.S. Shankar 2020

Anmerkung des Herausgebers: 
Das Wollen ist ein merkwürdiges Phänomen, das von der Intelligenz des Lebens in den Verstand des Menschen eingegeben wird. Seine Quelle impliziert, dass es intelligent ist, und doch lenkt es den Menschen von den Gaben des Lebens ab. Das Wollen weist auf den Mangel an etwas hin, das wünschenswert oder notwendig ist, und beraubt den Menschen damit seines natürlichen Gleichgewichts. Die Weisen erklären, dass das Leben der Ursprung jeder Manifestation ist, sowohl des Belebten als auch des Unbelebten. In der Weisheit gibt es kein anderes Spiel, denn weder der Mensch noch irgendein anderer Akteur hat den Moment im Leben vorweggenommen. Auf dem Weg zu der Erkenntnis, dass dies so ist, ist der Mensch unausgeglichen durch Wünsche – was er will – und erkennt noch nicht, dass jeder Moment das enthält, was er zu beinhalten bestimmt ist. Die Natur der Wünsche zu verstehen, liegt auf dem Weg des Menschen zur Erkenntnis, wer er wirklich ist. Lebe das Leben, wie es geschieht.
Julian Capper. Großbritannien.

Anmerkung des deutschen Übersetzers: 
Spirituelle Errungenschaften werden gemeinhin nur für möglich gehalten, wenn man keine Wünsche hat. Dieser Artikel erklärt die Illusion des Wollens in umgekehrter Richtung. Das Ergebnis des Verständnisses des Lebens, wie es ist, sozusagen „spirituell", ist es, das Leben so zu leben, wie es ist, ohne einen Wunsch zu haben. Damit dieses Verständnis geschehen kann, sind Wünsche notwendig. Jeder Mensch hat viele Wünsche in seinem Verstand. Es mangelt also nicht an der Gelegenheit, die illusionäre Natur des Wollens zu verstehen. Was auch immer irgendein Moment in sich birgt, geschieht ohne ein Wollen. Deshalb sind Wünsche illusionär und nicht real. Die Freiheit von dem, was im Moment ist oder nicht ist, sowie die Dankbarkeit für den Moment als solchen ist Erleuchtung. 
Marcus Stegmaier, Deutschland. 

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