Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
Niederlande
23 April 2017 

Leihen

„Oberflächlich und tief“

 

Der allgemeine Glaube eines jeden Wissenden ist: Wissen kann man von anderen oder von Büchern leihen. Jeder glaubt das, weil jeder manchmal für eine gewisse Zeit Material leiht, was er nicht hat.

Im Falle materieller Dinge, die man sich leiht, kann derjenige, der sie ausleiht, nicht behaupten, sie seien sein Eigentum. Jeder versteht, dass materielle Dinge, die geliehen sind, nicht ihnen gehören und man sie an den rechtmäßigen Besitzer zurückgeben muss.

Im Fall immaterieller Dinge aber, so wie Wissen, das man geliehen hat von anderen oder aus Büchern, kann derjenige, der es ausleiht, es als sein Eigentum bezeichnen, weil keiner behaupten kann, es verliehen zu haben, oder beweisen kann, dass er es verliehen hat.

Die Weisen mit Weisheit verstehen allerdings, dass Wissen weder geliehen noch verleihbar ist. Es scheint nur einem oberflächlichen Verständnis des Lebens so, als könnte man es leihen und es einfach als sein Eigentum bezeichnen.

Man kann Wissen unmöglich weder leihen noch verleihen, selbst heutzutage, weil es unmöglich ist, zu beweisen, dass Wissen vom ersten Menschen, der Wissen hatte, geliehen worden war, weil der erste Mensch kein Wissen hätte leihen können.

Das impliziert, dass das Leben Wissen für den ersten Menschen entwickelt hat, der Wissen hatte, und das Leben fährt fort mit der Evolution von Wissen, selbst für den heutigen Menschen. Der heutige Mensch glaubt allerdings, dass man Wissen leihen könnte, doch der Glaube ist nicht die Wahrheit. 

Der erste Mensch, in dem sich Wissen entwickelte, verstand das Wissen, weil Verständnis, was eine inhärente Eigenschaft des Intellekts ist, sich ebenfalls in ihm entwickelte. Da der Mensch die Evolution nicht unter Kontrolle hat, ist es offensichtlich, dass Verständnis von Wissen dem Menschen geschah und dass Wissen nicht anders sein kann als es ist.

Wissen kann daher weder geliehen sein, noch kann man es verleihen. Es ist, was es ist, in jedem Moment des Lebens. Wenn das, was Wissen ist in jedem Moment des Lebens auf oberflächlichem Verständnis basiert, das sich entwickelt hat, geschieht auch Imitation von Wissen eines anderen oder Weisheit als wäre es das eigene.

Wenn nun dem Menschen ein tiefes Verständnis von Wissen geschieht, das sich in ihm entwickelt hat, wird der Mensch ehrlich und Imitation von Wissen oder Weisheit, was irgendein anderer hat, geschieht ihm oder ihr nicht. 

Der Mensch beginnt einzugestehen, dass er Weisheit nicht weiß, und ist entspannt mit jeglichem Wissen, das er oder sie hat. Dieses tiefe Verständnis ist die Tür, dass Weisheit geschehen kann.

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V. S. Shankar 2017
 

Anmerkung des Herausgebers:
Das Konzept von Leihen und Verleihen und seine Umsetzung sind in täglichen Transaktionen von Männern und Frauen in jeder Generation wohl bekannt. In diesem Zusammenhang gibt der Dichter Shakespeare diesen Rat.
„Sei weder ein Ausleihender noch ein Verleiher – durch die Leihgabe verlierst du oft dich selbst und den Freund.“
Die Weisheit der Weisen, wie in diesem Artikel geschenkt, teilt deren tiefes Verständnis dieser Transaktion, die in unser aller Leben stattfindet. Es gibt keinen Verlust.
Julian Capper, Großbritannien.

Anmerkung des deutschen Übersetzers:
Kinder imitieren das Verhalten ihrer Eltern und anderer. Allerdings werden sie vollkommen einzigartig, so wie jeder vollkommen einzigartig ist in jedem Moment. Sie scheinen sich dieses von der einen und jenes von der anderen Person zu leihen, wäre das Leihen allerdings real, woher sollte dann der erste Mensch auf Erden sein Wissen geliehen haben? Dr. Shankar hilft uns, jeden Winkel des Verstandes genau zu durchleuchten. Die Illusion des Ausleihens ist keine Ausnahme und wird hier mit Klarheit präsentiert.
Marcus Stegmaier, Deutschland.

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