Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
Niederlande
16 November 2019

Viele Schauspieler (5)

„Im Leben"

 

Du wirst eine Blume anschauen und denken: „Du meine Güte! Einst bin ich als Blume in meinem Leben erschienen. Nun erscheine ich als ein Mensch. Was ist meine wahre Erscheinung? Meine wahre Erscheinung sollte keine Erscheinung sein. Was ist das für ein Zustand?“

Du wirst langsam anfangen, dir allerorten jede Erscheinung anzusehen. Deine Aufmerksamkeit wird auf jegliche Erscheinung gerichtet sein. So sehr, dass sich deine Aufmerksamkeit langsam vom Spielen von Rollen hin zum wahren Schauspieler verlagert.

Die Aufmerksamkeit wird hier und jetzt sein. Sie wird zum Jetzt kommen, zu dem, was die nächste Erscheinung ist. Das Hier und Jetzt wird für dich im Fokus sein und nicht der Rollen spielende Verstand. 

Das Verständnis selbst wird an Stärke zunehmen; so sehr, dass du feststellen wirst, dass du niemanden mehr tadelst; dass du niemanden mehr kritisierst; dass du niemanden mehr einen Rat gibst. Du wirst die Vielen akzeptieren, wie sie sind.

Du wirst dich nicht darum kümmern, was er tut oder was sie tut. Du wirst wissen, dass er und sie nichts tun. Die Vielen bewegen sich bloß, und das Bewegen erscheint als Tun.

Ein solches Verständnis bringt mit sich, dass du spontan, unkontrollierbar und nicht vorhersehbar ein reiner Beobachter wirst. Du wirst „wow!“ rufen und denken: „Lass mich beobachten, was die Vielen im Leben hält.“

Deine Aufmerksamkeit wird sodann langsam und stetig auf dich selbst gerichtet sein, sobald deine Aufmerksamkeit nicht mehr anderen gilt. Alles beruhigt sich: Alle Urteile beruhigen sich. Alle Anklagen beruhigen sich. Alle Argumente beruhigen sich. Alle Erwartungen beruhigen sich.

Du erkennst dann: „Wie kann ich nur von einem Rollenspieler etwas erwarten, der sich lediglich bewegt? Was kann ich erwarten? Er bewegt sich nur. Wie können sich meine Erwartungen in seiner Bewegung befinden? Meine Erwartungen existieren allein in der Rolle, die ich spiele, und auch ich bewege mich nur.“

Langsam und stetig, und dann und nur dann, wird deine Aufmerksamkeit dir gelten. Du wirst dir gegenüber aufmerksam sein und dir sämtliche Rollen ansehen, die du spielst, während du dich einfach nur bewegst. Du beobachtest aber auch, wie andere auf deine Rollen im Spiel reagieren. Du wirst der reine Beobachter. Ab dann wird es für den Menschen schwierig werden, dich zu verstehen, weil du die vielen Egos nicht mehr unterhältst. 

Du schenkst ihren Egos keine Aufmerksamkeit mehr. Das ist der Grund, weshalb ein Erleuchteter übersehen wird und niemand ihn erkennt. Die Aufmerksamkeit anderer wird auf einen Erleuchteten gerichtet sein, den sie für einen Erleuchteten halten. Es ist die Rolle eines Erleuchteten, worauf die Aufmerksamkeit gerichtet ist. Ebendeshalb wird der Erleuchtete übersehen, weil er keine Rolle spielt, welche die Vielen erwarten. 

Der Erleuchtete lebt lediglich jeden Moment, der sich nur bewegt.

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V. S. Shankar 2019 

Anmerkung des Herausgebers:

Natürlich präsentiert sich die Mehrheit der Menschen gerne, wenngleich einige es vorziehen, sich bedeckt zu halten. Der Mehrheit ist jedoch nicht bewusst, dass sie, als wahre Individuen, bereits in Erscheinung treten. Wenn das Ego sozusagen vorhanden und aktiv ist, kann es nur andere sehen: Es muss Fehler feststellen, Handlungen oder Nicht-Handlungen kritisieren, Urteile fällen und sogar Gewalt anwenden. Es ist von Natur aus selbstgerecht und reagierend. Tiefgreifend ist die Wirkkraft dessen, was die Weisen in diesem Artikel offenbaren, nämlich dass die wahre Erscheinung einer jeden manifestierten Erscheinung ohne Erscheinung ist; und dass das, wie es ist, zudem für das Ganze gilt, für das, was auch immer bereits erschienen ist, jetzt erscheint und noch erscheinen wird. Dies zu verstehen, offenbart das Leben, indem die Schatten des Verstandes allmählich verschwinden.
Julian Capper. Großbritannien

Anmerkung des deutschen Übersetzers:
Dieser Artikel offenbart die Welt aus der Sicht eines Erleuchteten – dem Leser als seine eigene Zukunft vor Augen geführt. Das Ego mag sich dabei fragen: „Wann wird es mit mir geschehen und wie? Was muss ich tun?“ Doch Weisheit spricht: „War ich doch einmal die Erscheinung einer Blume, so bin ich nun Mensch. Auf dieselbe Weise verwandelt sich Leben in mir zum Erleuchteten.“ Die Evolution des Lebens ist eine mysteriöse Reise im zeitlosen Hier und gedankenfreien Jetzt!
Marcus Stegmaier, Deutschland

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