Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
Niederlande
3 April 2017

Willenskraft

„Tun oder unter Kontrolle haben“

 

Der Mensch glaubt, dass er über Willenskraft verfügt, und das ist ein allgemeiner Glaube. Keine Willenskraft zu haben, impliziert, dass der Mensch keinen starken Verstand hat. Eine Person mit starker Willenskraft zu sein, wird für ein Attribut gehalten, das es wert ist, besessen zu werden.

Jedem rät man, Willenskraft zu haben oder seine Willenskraft zu entwickeln. Das wird als logischer Ratschlag akzeptiert, den man geben sollte, weil jeder glaubt, ein starker Verstand sei essenziell, um im Leben erfolgreich zu sein.

Willenskraft bedeutet eine persönliche Fähigkeit, etwas zu tun oder etwas unter Kontrolle zu haben. Es bedeutet auch die Fähigkeit, etwas nicht zu tun oder sich davon fernzuhalten es zu tun. Mann und Frau glauben auch, dass sie die Wahl haben, ob sie ihre Willenskraft anwenden oder nicht. 

Doch, ob ein menschliches Wesen die Fähigkeit hat, etwas zu tun oder das Tun in dem Moment unter Kontrolle zu haben, ist die Frage, über die man tief nachdenken sollte. Man sollte es nicht als selbstverständlich betrachten, dass ein menschliches Wesen die Fähigkeit hat, etwas zu tun oder das Tun in dem Moment unter Kontrolle zu haben.

Der Moment im Leben ist entscheidend, weil nicht nur alles in dem Moment getan wird, sondern auch das Tun in dem Moment ist. Nun braucht ein Mann oder eine Frau numerische Zeit, um etwas in dem Moment zu tun.

Numerische Zeit, also die Dauer von Zeit, ist abwesend in einem Moment im Leben. Die Wissenschaft muss erst noch Mann oder Frau über die Zeit informieren, die in einem Moment im Leben präsent ist.

Das impliziert, dass es unmöglich ist, irgendein Tun in dem Moment im Leben zu tun oder unter Kontrolle zu haben, nur ein Moment geschieht jeden Moment und ein Moment wird gefolgt vom nächsten Moment.

Nun ist nur für einen Buchstaben eines jeden Wortes möglich, in einem Moment im Leben zu existieren und der Buchstabe wird zur Vergangenheit, um vom nächsten Buchstaben des Wortes ersetzt zu werden. Das impliziert,

dass jedes Wort eine Illusion in der Gegenwart ist, weil alles, was in irgendeinem Moment im Leben präsent ist, ein Buchstabe ist, der ein Phonem darstellt, also eine Einheit von Ton.

Dementsprechend ist es nur einem Teil einer Handlung möglich in dem Moment im Leben zu existieren und es ist unmöglich für eine gesamte Handlung in der Gegenwart in dem Moment präsent zu sein. Daher ist, eben wie ein gesamtes Wort eine Illusion in dem Moment ist, auch eine ganze Handlung eine Illusion in dem Moment.

Das große Ganze ist: Das gesamte, manifestierte Leben ist eine einzelne Bewegung und jedes persönliche Leben ist in dieser einzelnen Bewegung des gesamten Lebens inbegriffen. Das impliziert, dass kein persönliches Leben getrennt ist von anderen Leben und auch keine Handlung im persönlichen Leben ist getrennt von einer anderen Handlung und sie ist auch nichts Wirkliches.

Daher ist Willenskraft, etwas zu tun oder etwas unter Kontrolle zu haben oder etwas nicht zu tun oder sich davon fernzuhalten es zu tun, unmöglich. Also ist Willenskraft eines Mannes oder einer Frau eine Illusion und keine Realität. 

Die Erleuchteten haben richtigerweise verkündet, dass persönliche Leben illusionär sind und nicht real, was impliziert, dass Willenskraft illusionär ist und weder eine Wirklichkeit noch eine Realität.

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V. S. Shankar 2017

Anmerkung des Herausgebers:
Der Glaube an Individualität hat den Menschen mit einem Netz von konkurrierenden Ambitionen überworfen, von der jede ihre eigene Legitimität behauptet. Die Geschichte ist ein Wandteppich mit solchen Behauptungen, deren Ergebnisse die Regale von Bibliotheken füllen. Erfolgreiche Ergebnisse werden als Produkt der Anwendung von Willenskraft betrachtet; misslungene Ergebnisse als Produkt deren Fehlens. Ergebnisse, egal welcher Art, sind das Geschenk des Lebens. Die Illusion der Individualität zu verstehen ist das Geschenk des Lebens, wenngleich illusionär.
Julian Capper, Großbritannien.

Anmerkung des deutschen Übersetzers:
Vertrauen in andere hängt von deren Willenskraft ab, das zu tun, was sie versprechen zu tun. Wenn sie ihre Versprechen nicht einhalten können, denken wir, ihre Willenskraft war zu schwach. Die Kraft, etwas zu tun, wird immer dem Mann oder der Frau als einem Handelnden zugeschrieben. Dr. Shankar in dem Artikel „Willenskraft“ erinnert uns einmal mehr daran, wie weit dieser oberflächliche Glaube von der Wahrheit entfernt ist!
Marcus Stegmaier, Deutschland.

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