Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
The Netherlands
18 Mai 2016
Zeuge
„Tiefes Verständnis“
Der Mensch glaubt an eine Handlung, weil er sie bezeugt. Dieser Glaube überzeugt den Menschen nicht nur, dass eine Handlung etwas Wirkliches ist, sondern auch, dass er eine wirkliche Handlung bezeugen kann. Für Logik und Vernunft ist eine tatsächliche Handlung als die Wahrheit akzeptiert.
Nichtsdestoweniger bezeugen die Erleuchteten ebenso, sie verstehen jedoch, dass eine Handlung nichts Wirkliches im Leben ist, denn sie verkünden, der Mensch ist nicht der Handelnde. Das wirft die Frage auf: Was ist das tiefe Verständnis des Erleuchteten einer Handlung und was ist es, was er bezeugt, wenn nicht eine Handlung?
Der Mensch versteht mit Vernunft und Logik, dass es viele Handlungen gibt, die den Tag ausmachen. Er versteht auch, dass viele Handlungen benötigt werden, dass das tägliche Leben geschehen kann und das tägliche Leben ohne Handlungen nicht geschehen würde.
Der Mensch versteht auch, dass er nicht in jedem Moment seines täglichen Lebens Handlungen vollbringt, denn er versteht, dass er sich zwischen den Handlungen ausruhen muss und in der Nacht Schlaf braucht. Daher nimmt der Mensch an, dass er sich während der Ruhe- oder Schlafphasen nicht bewegt.
Die Erleuchteten verstehen ebenfalls, dass sie nicht jeden Moment des Tages Handlungen vollbringen und auch Ruhe und Schlaf brauchen. Sie verstehen allerdings, dass der Körper sich während der Ruhe- und Schlafphasen ebenfalls bewegt.
Die Erleuchteten verstehen auch, dass die Bewegungen einer Handlung des Körpers nicht von den Bewegungen des Körpers getrennt sind, die keine Handlung darstellen. Sie verstehen auch, dass der Körper sich den ganzen Tag und die ganze Nacht über ununterbrochen bewegt und die kontinuierliche Bewegung des Körpers von Zeit zu Zeit als illusionäre Handlungen interpretiert wird.
Die Erleuchteten verstehen, dass sich der Körper während der Handlungen ununterbrochen bewegt, wie auch dann, wenn er keine Handlung vollbringt, und während der Ruhe- und Schlafphasen. Daher ist das tiefe Verständnis der Erleuchteten einer Handlung, dass eine Handlung eine hochentwickelte Bewegung des Körpers ist, die nicht von den Bewegungen getrennt ist, die weniger hoch entwickelt sind, wie Ruhe und Schlaf.
Die Erleuchteten bezeugen alles, was geschieht, und erkennen und identifizieren, was geschieht, jedoch nicht als eine Handlung. Sie bezeugen weder die kontinuierliche Bewegung des Körpers noch eine Handlung. Sie verstehen, dass sich der Körper ununterbrochen bewegt, ausruht und schläft. Sie sind sich sicher, dass der Mensch nicht der Handelnde ist.
Wenn dem Menschen dieses Verständnis geschieht, spiegelt es sich wider als bedingungslose Liebe, Fürsorge und Anteilnahme für jeden.
Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V. S. Shankar 2016
Anmerkung des Herausgebers:
Bewegungen des Körpers bestimmen das Verständnis des Menschen einer Handlung und die Überzeugung, dass er oder sie eine Handlung vollbringt. In diesen Zusammenhang gehört auch, dass der Mensch glaubt, es gäbe keine Handlung, wenn er keine Bewegung des Körpers wahrnimmt. Die Weisen haben jedoch erkannt, dass die Bewegungen des Körpers niemals aufhören. Daher können Bewegungen des Körpers, die in den Ruhe- und Schlafphasen geschehen, nicht vom Menschen veranlasst werden. Und er kann auch nicht, wenn er erwacht, behaupten, dass die Bewegungen des Körpers von ihm oder ihr veranlasst werden. Wenn man dies entdeckt hat, kann man nicht von sich behaupten, eine Handlung zu vollbringen; keine Behauptung, man sei der Handelnde, ist möglich. Die Last des Handelns verschwindet und das Herz öffnet sich.
Julian Capper, Großbritannien.
Anmerkung des deutschen Übersetzers:
Beobachtung eines Babys offenbart: Handlungen sind Gedanken im erwachsenen Verstand, denn das Kind wird offensichtlich ohne zu sprechen und zu denken geboren. Babys sind daher ein Geschenk des Lebens für die Eltern, damit sie das Leben bezeugen, wie es sich als Baby bewegt. Wenn das Kind zu sprechen anfängt, wird Beobachten ohne Interpretation für den konditionierten Verstand zu einem schwierigen Unterfangen. Die Konditionierung wird in dieser Phase der Elternschaft allerdings durch das Leben offengelegt. Glück haben diejenigen Eltern, deren Verständnis von Handlungen sich vertieft durch Weisheit, wie sie in diesem Artikel von Dr. Shankar präsentiert wird.
Marcus Stegmaier, Deutschland.