Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
The Netherlands

9 September 2018

Zu denken (1)

„Denkt“


Jeder gebildete oder ungebildete Mann und jede Frau wünscht, will und sehnt sich danach, im Leben zu denken. Was sie im Leben denken, geschieht im Moment und der Inhalt des Denkens ist erst im Moment bekannt, nachdem das Denken tatsächlich durchgeführt wurde.

Was auch immer der gebildete oder ungebildete Mann oder die Frau im Leben denkt, wird, wenn es akzeptiert ist, beklatscht und geschätzt nicht nur von ihnen selbst, sondern auch von der Gesellschaft. Das Gleiche wird jedes Mal erwartet, wann auch immer man sich wünscht, will und sich danach sehnt zu denken.

Die Akzeptanz, der Applaus, die Wertschätzung und die Erwartung geschehen auch im Moment und sind im Moment nicht nur für ihn oder sie bekannt, sondern auch für diejenigen, die von den Gedanken wissen.

Weisheit offenbart, dass sich jeder Moment im Leben selbst erneuert und zwischen einem Moment im Verstand und im Leben auch ein Moment ist. Dies bedeutet, dass ein Moment im Leben und im Verstand ewig ist.

Gehirnscans zeigen, dass Entscheidungen sieben Sekunden vor der Entscheidung des Menschen geschehen. Die Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften enthüllen, dass menschliche Entscheidungen Sekunden, bevor der Mensch auf sie aufmerksam wird, getroffen werden.

In der Studie konnten die Teilnehmer frei entscheiden, ob sie einen Knopf mit der rechten oder linken Hand drücken wollten. Die einzige Bedingung war, dass sie sich erinnern mussten, wann sie die Entscheidung getroffen hatten, entweder ihre rechte Hand oder ihre linke Hand zu benutzen.

Mithilfe von FMRT scannten die Forscher die Gehirne der Teilnehmer, um herauszufinden, ob sie vorhersagen konnten, welche Hand die Teilnehmer verwenden würden, bevor die Teilnehmer sich der Entscheidung bewusst waren.

Die Ergebnisse, durch die Überwachung der Mikro-Aktivitätsmuster im präfrontalen Cortex, waren, dass die Forscher sieben Sekunden, bevor der Teilnehmer von der Entscheidung wusste, vorhersagen konnten, welche Hand der Teilnehmer wählen würde.

Weisheit offenbart, dass dies ein Beweis dafür ist, dass der Mensch weder entscheidet noch vorhersagt noch vorherbestimmt. Weisheit offenbart, dass sogar die Bewegung der Hand, um den Knopf zu drücken, geschieht und nicht das Gehirn die Bewegung in dem Moment zu geschehen veranlasst.

Die Weisheit offenbart weiter, dass Denken geschieht, damit das Verständnis geschieht, dass es in jedem Moment nichts als Bewegung gibt; und für ein weises Verständnis, dass Bewegung in jedem Moment Instinkt ist und Instinkt nicht vom Menschen oder seinem Gehirn gesteuert werden kann.

Denken geschieht, damit das Verständnis geschieht, dass Denken nichts Tatsächliches in einem Moment ist. Denken geschieht, damit das Verständnis geschieht, dass Denken in jedem Moment illusionär und nicht real ist. Denken geschieht, damit das Verständnis geschieht, dass Denken nicht vorhanden ist, sondern nur Bewegung vorhanden ist.

Die Bewegung geschieht, damit das Verständnis geschieht, dass man, wenn das Bewegen als Denken betrachtet wird, glaubt, dass Mann und Frau denken können, was man von ihm oder ihr erwartet zu denken.  

Weisheit offenbart, dass im Moment keine Unterhaltung ausgeführt wird, da sich das Leben im Moment nur bewegt. Weisheit offenbart auch, dass die Intelligenz im Leben die Bewegung manifestiert und der Mann oder die Frau die Bewegung im Moment nicht passieren lässt, da sie den Moment im Leben nicht erschaffen.

Die Erleuchteten akzeptieren, was Mann oder Frau denkt, und erwarten von ihnen nicht, dass sie irgendetwas denken, weil sie verstehen, dass Denken nicht vorhanden ist, sondern nur Bewegung in jedem Moment im Leben vorhanden ist. Die Erleuchteten verkünden, dass Mann oder Frau das denken wird, was ihm oder ihr bestimmt ist zu denken, wenngleich illusionär.

Sri Ramana Maharshi hat verkündet, dass das, was bestimmt ist zu geschehen, wenngleich illusionär, geschehen wird. Sri Adi Shankaracharya hat im Nirvanashadakam verkündet, dass der Mensch nicht der Handelnde ist. Die Kena-Upanishad Vers 1.3 verkündet, dass Wort und Verstand keinen Zugang haben zum Absoluten Einen. Die Bhagavadgita Kapitel 3 Vers 27 erklärt, dass der Mensch nicht der Handelnde ist. 

Die Erleuchteten verstehen, dass das Bewegen in jedem Moment Instinkt ist und durch die Intelligenz im Leben manifestiert wird und weder vom Menschen noch von seinem Gehirn getan wird. Die Erleuchteten haben erklärt, dass das Leben eine einzelne Bewegung ist.

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V. S. Shankar 2018

Anmerkung des Herausgebers: 
Eines der zentralen Anliegen im täglichen Leben eines Menschen jeden Alters, aber anscheinend keiner anderen Lebewesen, ist das Denken. Es gilt als die erste Phase in der Planung vieler Aktionen und Entscheidungen: „Ich muss diesen redaktionellen Kommentar überdenken, bevor ich weiter mache.“ Der Denkprozess erhielt philosophische Unterstützung durch das Diktum „Cogito, ergo sum“ aus dem 17. Jahrhundert: „Ich denke, also bin ich“. Darüber hinaus kann ein bestimmter Gedanke mit einem späteren Ergebnis zusammenfallen. Widerlegt dies die Weisheit in diesen Artikeln? Die Offenbarung der Weisen ist, dass das Denken geschieht, damit das Verständnis geschieht, dass das Denken, wenn auch illusionär, dem Menschen durch die Intelligenz im Leben geschieht, aber der Mensch glaubt, dass er denken kann und denken muss.
Julian Capper, Großbritannien.

Anmerkung des deutschen Übersetzers: 
Was sind die Vorstellungen, die das Leben für uns schwierig erscheinen lassen? Es sind Entscheidungen: Berufswahl, Partnerwahl, Familienplanung, größere Anschaffungen, tägliche Entscheidung und so weiter. Je größer die Wahlmöglichkeiten, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass man eine Entscheidung später bereut. Der Vergleich dessen, wofür man sich entschieden hat, mit dem, wofür man sich hätte entscheiden können, führt zu Unzufriedenheit. So bereut man einen Einkauf, so scheitern Ehen, so ist man mit der Berufswahl unzufrieden. Und weil bei jeder Entscheidung zu befürchten ist, dass man sie später bereuen könnte, erscheint das Leben schwierig, denn der Mensch glaubt, sein Leben werde durch seine täglichen Entscheidungen bestimmt. Da Entscheidungen dem Menschen als Gedanken bekannt werden, glaubt der Mensch, er müsse das richtige Denken anstatt das Falsche, um seine täglichen Entscheidungen erfolgreich treffen zu können. Doch, wie Dr. Shankar in diesem Artikel klar darlegt, ist der Mensch nicht der Denkende. Dieses tiefe Verständnis macht die Illusion der täglichen Entscheidungen klar und offenbart die Einfachheit des Lebens, wie es ist. 
Marcus Stegmaier, Deutschland. 

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