Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
The Netherlands

6 September 2018

Zu Reden (1)

„Redet“


Jeder gebildete oder ungebildete Mann und jede Frau wünscht, will und sehnt sich danach, im Leben zu reden. Was sie im Leben reden, geschieht im Moment und der Inhalt der Rede ist erst im Moment bekannt, nachdem das Reden tatsächlich durchgeführt wurde.

Was auch immer der gebildete oder ungebildete Mann oder die Frau im Leben redet, wird, wenn es akzeptiert ist, beklatscht und geschätzt nicht nur von ihnen selbst, sondern auch von der Gesellschaft. Das Gleiche wird jedes Mal erwartet, wann auch immer man sich wünscht, will und sich danach sehnt zu reden.

Die Akzeptanz, der Applaus, die Wertschätzung und die Erwartung geschehen auch im Moment und sind im Moment nicht nur für ihn oder sie bekannt, sondern auch für diejenigen, die ihnen bei der Rede zuhören.

Weisheit offenbart, dass sich jeder Moment im Leben selbst erneuert und zwischen einem Moment im Verstand und im Leben auch ein Moment ist. Dies bedeutet, dass ein Moment im Leben und im Verstand ewig ist.

Gehirnscans zeigen, dass Entscheidungen sieben Sekunden vor der Entscheidung des Menschen geschehen. Die Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften enthüllen, dass menschliche Entscheidungen Sekunden, bevor der Mensch auf sie aufmerksam wird, getroffen werden.

In der Studie konnten die Teilnehmer frei entscheiden, ob sie einen Knopf mit der rechten oder linken Hand drücken wollten. Die einzige Bedingung war, dass sie sich erinnern mussten, wann sie die Entscheidung getroffen hatten, entweder ihre rechte Hand oder ihre linke Hand zu benutzen.

Mithilfe von FMRT scannten die Forscher die Gehirne der Teilnehmer, um herauszufinden, ob sie vorhersagen konnten, welche Hand die Teilnehmer verwenden würden, bevor die Teilnehmer sich der Entscheidung bewusst waren.

Die Ergebnisse, durch die Überwachung der Mikro-Aktivitätsmuster im präfrontalen Cortex, waren, dass die Forscher sieben Sekunden, bevor der Teilnehmer von der Entscheidung wusste, vorhersagen konnten, welche Hand der Teilnehmer wählen würde.

Weisheit offenbart, dass dies ein Beweis dafür ist, dass der Mensch weder entscheidet noch vorhersagt noch vorherbestimmt. Weisheit offenbart, dass sogar die Bewegung der Hand, um den Knopf zu drücken, geschieht und nicht das Gehirn die Bewegung in dem Moment zu geschehen veranlasst.

Weisheit offenbart weiter, dass das Wissen und zu wissen geschehen, damit das Verständnis geschieht, dass es in jedem Moment nichts als Bewegung gibt und sich jeder Moment nur bewegt; und für ein weises Verständnis, dass Bewegung in jedem Moment Instinkt ist und Instinkt nicht vom Menschen oder seinem Gehirn gesteuert werden kann.

Die Rede und Reden geschehen, damit das Verständnis geschieht, dass das Reden und eine Rede in einem Moment nichts Wirkliches sind. Die Rede und Reden geschehen, damit das Verständnis geschieht, dass Reden in jedem Moment illusionär und nicht real ist. Die Rede und Reden geschehen, damit das Verständnis geschieht, dass nicht Reden vorhanden ist, sondern nur Bewegung vorhanden ist.

Das Bewegen geschieht, damit das Verständnis geschieht, dass man, wenn das Bewegen als Reden und die Rede betrachtet wird, glaubt, dass Mann und Frau reden und reden könnten, was man von ihnen in einer Rede erwartet.

Weisheit offenbart, dass im Moment keine Rede gehalten wird, da sich das Leben im Moment nur bewegt. Weisheit offenbart auch, dass die Intelligenz im Leben die Bewegung manifestiert und der Mann oder die Frau die Bewegung im Moment nicht passieren lässt, da sie den Moment im Leben nicht erschaffen.

Die Erleuchteten akzeptieren, was Mann oder Frau redet, und erwarten von ihnen nicht, dass sie eine Rede halten, weil sie verstehen, dass Reden nicht vorhanden ist, sondern nur Bewegung in jedem Moment im Leben vorhanden ist. Die Erleuchteten verkünden, dass Mann oder Frau das reden wird, was ihm oder ihr bestimmt ist zu reden, wenngleich illusionär.

Sri Ramana Maharshi hat verkündet, dass das, was bestimmt ist zu geschehen, wenngleich illusionär, geschehen wird. Sri Adi Shankaracharya hat im Nirvanashadakam verkündet, dass der Mensch nicht der Handelnde ist. Die Kena-Upanishad Vers 1.3 verkündet, dass Wort und Verstand keinen Zugang haben zum Absoluten Einen. Die Bhagavadgita Kapitel 3 Vers 27 erklärt, dass der Mensch nicht der Handelnde ist. 

Die Erleuchteten verstehen, dass das Bewegen in jedem Moment Instinkt ist und durch die Intelligenz im Leben manifestiert wird und weder vom Menschen noch von seinem Gehirn getan wird. Die Erleuchteten haben erklärt, dass das Leben eine einzelne Bewegung ist.

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V. S. Shankar 2018

Anmerkung des Herausgebers: 
Der Stolz des Menschen auf seine unzähligen Errungenschaften im Laufe der Zeit und über Generationen von körperlichen, wissenschaftlichen und intellektuellen Bemühungen wurde in unvergesslichen Chroniken festgehalten und gefeiert. Es wurden Lieder gesungen, Gedichte geschrieben und alte Schriftrollen aufbewahrt, um Tugend, Heldentum und Selbstaufopferung zu ehren und zu gedenken. Was für eine wundersame Vielfalt. Und doch verstehen die großen Weisen und Erleuchteten tief und verkünden, dass der Mensch nicht der Handelnde ist. Bemerkenswert ist, dass dies durch wissenschaftliche Studien bestätigt wird. Was für ein Mysterium das Leben und die Intelligenz des Lebens sind!
Julian Capper, Großbritannien.

Anmerkung des deutschen Übersetzers: 
Eine Rede wird meist vorher aufgeschrieben, weil die wenigsten Redner der Spontaneität des Lebens vertrauen. Doch auch eine vorher ausformulierte Rede wird niemals auf dieselbe Weise gehalten. Das allein sollte als Beweis genügen, um klar zu machen, dass dem Redner das Reden geschieht und er es nicht selbst tut. Einher mit diesem Verständnis geht Vertrauen ins Leben, dass eine Rede gehalten wird, wann und auf welche Weise es bestimmt ist zu geschehen. Je tiefer dieses Verständnis, das Dr. Shankar in diesem weisen Artikel teilt, in den Menschen eindringt, desto weniger Lampenfieber wird das Reden verursachen, egal ob die Rede vorformuliert wird oder nicht. 
Marcus Stegmaier, Deutschland. 

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