Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
Niederlande
14 April 2018

Zusammengehörigkeit (2)

„Bedingungslose Liebe“

 

Jeder Mann und jede Frau kommen durch Anwendung von Vernunft und Logik zu dem Schluss, dass sie von anderen getrennt sind. Jeder Mann und jede Frau, die Vernunft und Logik anwenden, schließen daraus, dass sie außerdem auch von ihrer Umgebung getrennt sind. 

Sie schlussfolgern auch durch Anwendung von Logik und Vernunft, dass jede Handlung, die sie tun, von den anderen Handlungen, die sie tun, getrennt sei. Sie schlussfolgern auch durch Anwendung von Logik und Vernunft, dass jede Handlung, die sie und andere tun, mit dem übereinstimmen müsse, was jeder glaubt, dass es akzeptabel sei, und von ihm erwartet wird. 

Wenn die Handlungen nicht mit der persönlichen Akzeptanz und den Erwartungen übereinstimmen, fühlen sie sich von den Handlungen getrennt. Und wenn die Handlungen nicht mit der gesellschaftlichen Etikette übereinstimmen, fühlen sie sich auch von einander getrennt.

Wenn das, was jeder tut, akzeptabel ist, was von ihnen und von der Gesellschaft erwartet wird, liebt jeder den anderen und hat das Gefühl, dass man zusammen und nicht getrennt voneinander ist. Dies bedeutet, dass die Liebe, die sie füreinander empfinden, an Bedingungen geknüpft ist. Wenn die bedingungsabhängige Liebe verschwindet, kommen verschiedene Emotionen von unterschiedlicher Intensität ins Spiel. 

Wenn Emotionen ins Spiel kommen, kommen auch Versprechen und Beschwichtigungen ins Spiel und es entsteht ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, das vorübergehend ist. Das heißt, es besteht so lange, bis das, was beide jeweils tun, vom anderen nicht akzeptiert und nicht erwartet wird. 

In der Gesellschaft glaubt man an das Phänomen der scheinbaren, vorübergehenden Zusammengehörigkeit, was auch in jeder Gesellschaft als Zusammengehörigkeit akzeptiert wird. Aber echte Zusammengehörigkeit besteht in jedem Moment des täglichen Lebens, laut den Weisen in der Gesellschaft.

Für die Erleuchteten in der Gesellschaft besteht Zusammengehörigkeit in jedem Moment des täglichen Lebens. Was ist also das Verständnis der Erleuchteten, das die Zusammengehörigkeit in jedem Moment des täglichen Lebens echt und präsent macht? Das ist die Frage. 

Die Erleuchteten verstehen, dass diejenigen, denen wir in jedem Moment im täglichen Leben begegnen, die einzigen Menschen sind, die wir treffen könnten, und niemand anderes sonst. Dafür sind sie der Intelligenz im Leben dankbar, weil sie verstehen, dass sie keinen Moment im täglichen Leben machen, der jene enthält, die wir treffen.

Die Erleuchteten verstehen, dass die Handlungen, die jemand in irgendeinem Moment im täglichen Leben macht, auch wenn sie illusionär sind, die einzigen Handlungen sind, die geschehen können, und keine andere Handlung außer diesen. Sie sind der Intelligenz im Leben dafür dankbar, dass sie die Handlung sehen können, weil sie verstehen, dass sie keinen Moment im täglichen Leben machen.

Die Erleuchteten verstehen, dass die Emotionen, auch wenn sie illusionär sind, in jedem Moment des täglichen Lebens die einzigen Emotionen sind, die vorhanden sein können, und keine anderen Emotionen außer diesen. Sie sind der Intelligenz im Leben dankbar, dass sie die Emotionen bezeugen können, weil sie verstehen, dass sie keinen Moment im täglichen Leben machen.

Dies ist die tiefe Vernunft und Logik, mit der die Erleuchteten in Zusammengehörigkeit und bedingungsloser Liebe leben, egal, wem sie begegnen. Wenn die Gesellschaft dies versteht, wird auch die Gesellschaft in Zusammengehörigkeit und bedingungsloser Liebe leben, mit wem auch immer man zusammenkommt.

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
©Copyright V. S. Shankar 2018

Anmerkung des Herausgebers:

Gibt es in unserem täglichen Leben einige Menschen, die wir gerne treffen würden, und einige, die wir lieber nicht treffen würden? Gibt es einige Handlungen im Leben, die wir gutheißen, und einige, die wir nicht gutheißen? Gibt es einige Emotionen in unseren täglichen Beziehungen, die wir gerne erleben würden, und einige, die wir nicht erleben möchten? Wenn das Verständnis durch die Intelligenz im Leben reift, dass der Mensch den Moment nicht macht, wird auch die Erkenntnis reifen, dass die Menschen, denen wir begegnen, die Handlungen, die wir sehen, und die Emotionen, die wir erleben, im Moment enthalten sind. Sie können nicht anders sein, als sie sind. Wenn wir dies verstehen, entsteht Zusammengehörigkeit. Ein solches Miteinander hat keinen Hauch von Bedingungen; nur Dankbarkeit und Liebe. 
Julian Capper, Großbritannien. 

Anmerkung des deutschen Übersetzers: 
Wenn wir jemanden treffen, entscheiden wir spontan, ob wir uns mögen oder nicht. Im Laufe der Zeit lernen wir uns besser kennen und die Zusammengehörigkeit wächst oder nicht. Bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass wir uns aufgrund der Gemeinsamkeiten in den Überzeugungen und persönlichen Vorlieben, die wir beim anderen entdecken können, mögen. Die Unterschiede, zum Beispiel in Bezug auf einen bestimmten Glauben, können durch die Haltung der Toleranz überwunden werden. Dann aber ist es genau diese Toleranz, die wir dem anderen entgegenbringen, die uns ein Gefühl der Gemeinsamkeit und Zusammengehörigkeit gibt. Toleranz ist weit entfernt von Akzeptanz. Und Akzeptanz ist noch lange nicht Bedingungslosigkeit. Toleranz schlägt um in Intoleranz, Akzeptanz schlägt um in Ablehnung. Jede Bedingung kann auch einmal nicht erfüllt werden. Wenn sich zwei Egos treffen, ist es immer von Bedingungen abhängig, ob wir uns verbunden fühlen oder nicht. Die Weisen, wie Dr. Shankar in diesem Artikel, beleuchten die Oberflächlichkeit der mentalen Zusammengehörigkeit mit tiefer Logik und Vernunft. Dies offenbart die Untrennbarkeit des Lebens in all seinen Ausdrucksformen, bedingungslose Liebe und wahre Zusammengehörigkeit. Diese Zusammengehörigkeit beruht nicht auf Gegenseitigkeit, um zu geschehen, sondern allein auf dem Verständnis des einzelnen. 
Marcus Stegmaier, Deutschland. 

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