Marius (Deutschland) interviewt Marcus Stegmaier

 

 

 

Frage: Du behauptest, das Leben sei illusionär, auf welcher Grundlage basiert diese Meinung?

 

Antwort: Die Frage ist ja, auf welcher Grundlage behauptet der Mensch, dass das Leben real ist?

 

Richtig, aber wenn man davon ausgeht, dass das Leben real sein sollte, muss man ja hinterfragen, warum es illusionär sein soll.

 

Nein, wenn man versteht, dass das Leben nicht real ist, dann ist klar dass es illusionär ist. Also, was bringt dich dazu zu glauben, dass das Leben real ist.

 

Der Glaube der letzen 17 Jahre wird gerade einfach versucht auf den Kopf zu stellen, durch eine These, die zwar durchaus nachvollziehbar klingt, aber eben auch auf keinem Beweis gründet, aber eben genauso wenig gründet die Gegenbehauptung, dass  das Leben real sei, auf keinerlei Beweis. Deswegen versuche ich gerade Thesen zu finden, dass das Leben eine Illusion ist und eben nicht real.

 

Also, der Glaube, dass die Welt oder das Leben real ist, ist ein Glaube, ja? Und Weisheit hat nichts damit zu tun, einen neuen Glauben anzuschaffen, der behauptet, dass das Leben Illusionär ist. - Es nützt dir ja nichts, zu glauben, dass die Welt illusionär ist. Das heißt, es würde dir auch nichts nützen, wenn du es beweisen könntest, denn in deinem Alltag später kommt dir die Welt real vor.

 

OK; du behauptet, dass alles um uns herum eine Illusion sei, diese Steve Jobs Figur hier, dieses Mikrofon, dieses Macbook. - Wir können es doch anfassen, wieso sollte es eine Illusion sein?

 

Sagt dir dein Computer, dass er ein Macbook ist?

 

Nein, das sagt er mir nicht, das steht drauf...

 

Von sich aus sagt er es nicht - Wer sagt dir, dass er ein Macbook ist?

 

Naja, wenn ich die Augen zumache, dann fühle ich etwas, wenn ich die Augen aufmache, dann sehe ich etwas...

 

Wer sagt dir, dass du was fühlst und dass du was siehst? Woher weißt du, dass du was fühlst?

 

...Indem ich Material ertaste und aufgrund des Erfühlten Rückschlüsse ziehe. Mir wurde durch die Werbung gesagt, dass dieses Teil aus Aluminium mit Tastatur und Display ein Macbook sei. - Deswegen kann ich auch mit geschlossenen Augen wissen, wenn ich eine Tastatur erfühle und Aluminium und ein Display, dass ich ein Macbook in der Hand habe.

 

Also ist es nicht dein eigenes Wissen oder?

 

In dem Fall nicht, nein, (*denkt kurz nach*) naja gut klar, alles wurde mir einmal gesagt. Dass das hier ein Bleistift sei, das hier ein Handy... das mag ja sein, aber z.B. ein Blinder, der noch nie gesehen hat, kann ja auch Dinge erfühlen, sie sind ja trotzdem für ihn da.

 

Ja, und warum sind sie für ihn da? Hat er das selbst herausgefunden oder hat man ihm das gesagt?

 

Er wird es sicherlich auch selbst herausgefunden haben. Würde man einen Menschen total isolieren in einen Raum stecken, dann würde… (Marius stockt)

 

Ja, denk mal darüber nach, was ist mit einem Menschen, der alleine auf einer Insel aufwächst unter Tieren? Würde er dann sagen: „Das ist ein Baum, das ist ein Tier, das ist ein Macbook“?

 

Er würde es vielleicht anders benennen, aber er würde auch einen Gegenstand sehen mit… naja, er würde es halt anders benennen…

 

Ein Mensch, der einsam aufwächst auf einer Insel? Der niemand hat mit dem er sprechen kann…?

 

Der sieht die Welt nicht so, wie wir sie sehen?

 

*nickt*

 

Wie sieht er sie? 

 

Denk mal darüber nach!

 

Versuche ich ja gerade. Ich behaupte, dass wir trotz Isolation durchaus in der Lage sind, Farben und Formen wahrzunehmen, ich weiß nicht ob wir beigebracht bekommen haben, dass das hier blau und das grün ist…

 

Ja, das ist schonmal eine wichtige Frage, oder? - Wir kommen doch jetzt an den Punkt, wo du feststellst, dass eigentlich alles, was du von der Welt weißt, nicht von dir kommt, sondern dass es dir beigebracht wurde….

 

…Sogesehen ja…

 

…und stell dir mal den Menschen vor in einem Zustand der Evolution, in dem er noch keine Sprache hatte. - Der hat ja auch gegessen, der hat ja auch Tiere gejagt, sie gegrillt und gegessen, ist sozusagen auf´s Klo gegangen, hat alles funktioniert. - Ohne Sprache!

 

Naja, sie hatten zum einen Hände zum Zeigen und vielleicht hatten sie auch eine Sprache, die wir halt heute nicht als Sprache erkennen und benennen würden, Tiere können auch nicht reden.

 

Genau. Woher kommt der Mensch? Der Mensch kann ja nichts anders sein, als eine Höherentwicklung von dem was vorher schon da war.

 

Ja klar, wir sind im Prinzip auch nur eine Weiterentwicklung des Tiers.

 

Genau, und Tiere essen ja auch, aber Tiere benennen das nicht. - Das heißt, die Welt hat in einem gewissen Zustand der Evolution sozusagen Lebewesen reflektiert: Tiere oder auch einen primitiven Menschen, der gegessen hat, gejagt hat, der sein Essen gekocht und gegrillt hat, der alles gemacht hat, was wir heute im Prinzip auch tun, aber gleichzeitig wurde im Verstand dieses illusionären prähistorischen Menschen nicht für alles ein Wort bereitgestellt...

 

ok, kann ich soweit schlussfolgern….

 

...und an einem gewissen Punkt der Evolution, hat sich Ton höher entwickelt zu Worten und dem Menschen an einen gewissen Punkt für alles, was er gesehen hat, einzelne Worte vermittelt. - Wie genau das vonstatten gegangen ist, kannst du in dem Buch („Evolution des Verstandes“ von Dr. Vijai S Shankar) nachlesen…

 

Naja, aber das sind ja auch alles nur Theorien.

 

Ist es eine Theorie zu behaupten, dass Sprache erst ab einem bestimmten Punkt der Evolution entstanden sein kann? - Ist das eine Theorie oder kannst du das einfach nachvollziehen?

 

Klar, irgendwann hat sich das Ganze erst entwickelt.

 

Und was war davor? Davor gab es auch schon Tiere und prähistorische Menschen und die haben ja auch alles gemacht, was wir machen, ohne dass sie Sprache hatten. - Kannst du das auch einfach nachvollziehen?

 

Ja, kann ich auch nachvollziehen, aber warum gibt es die Sprache dann, warum wurde sie überhaupt entwickelt?

 

Also wurde irgendwann die Sprache als Teil der Evolution in Form einer Höherentwicklung von Tönen im menschlichen Verstand bzw. als der menschlicher Verstand manifestiert. - Und dieser Verstand nun benennt die Gegenstände, die Dinge, Materie, Pflanzen, Tiere, Menschen und auch Handlungen und die Frage ist ja nun: Wie real kann das sein, was der Verstand über die Welt sagt, wenn davor auch schon alles spontan vonstatten gegangen sein muss! 

Wenn der Verstand „sagt“, „ich mache dieses und jenes, jetzt nehme ich das Macbook in die Hand und drücke drauf, das mache ich als Handelnder und als jemand, der einen freien Willen hat“, dann kann das ja nicht stimmen, dass das tatsächlich so ist, dass das real ist, weil ja der prähistorischer Mensch oder mindestens die Tiere auch schon alles gemacht haben wie wir. - Tiere gejagt, gegessen usw. ohne einen Verstand zu haben.

Kannst du folgen, dass der Glaube, dass du der Handelnde bist, im Leben mit dieser Begründung nicht real sein kann?

 

...Es wäre ein Indiz dafür…

 

…und das Indiz ist nicht nur die Evolution des Menschen sondern auch deine eigene Evolution, so illusionär sie auch ist. Wenn du überlegst: Hast du nicht auch schon als kleines Baby gegessen und alles gemacht und dich bewegt, ohne dass da Gedanken waren?

 

Da waren vielleicht schon Gedanken, ich kann mich halt nicht daran erinnern...

 

Aber es sind alles Fragen, die es zu verstehen gilt und sich Gedanken darüber zu machen. Wenn du´s nicht von dir selbst ergründest, dass die Welt eine Illusion ist, wird es einfach nur ein neuer Glaube für dich sein. - Und der neue Glaube wird dir genauso wenig bringen wie der Glaube, dass die Welt real ist und du jetzt dein Leben im Griff hast. 

Du kannst zwar glauben, dass die Welt eine Illusion ist, aber wenn dich morgen deine Eltern wieder ärgern und nerven, dann kommt es dir wieder verdammt real vor. - Und deswegen ist das Wissen, dass die Welt eine Illusion ist, noch kein Verständnis davon, dass die Welt eine Illusion ist. Ein Verständnis wird es erst nach und nach, als Teil der Evolution des Lebens, wenn der Mensch seinen Verstand durchschaut. Wenn er versteht, dass nicht nur ein Gegenstand, den er sieht, nichts weiter ist als eine optische Illusion, die sich gleichzeitig zu einer hörbaren, auditiven Illusion transformiert und dass sich diese auditive Illusion magisch höher entwickelt zu Worten mit Bedeutung, die dann sagen: „Das ist ein Computer“, „Das ist ein Macbook.“ Also nicht nur, wenn er in Bezug auf die Gegenstände erkennt, dass sie nicht als real existieren, sondern wenn er auch alle anderen Wörter im Verstand mit Klarheit verstanden hat und zwar so Wörter wie „Liebe“, erst dann durchschaut er seinen Verstand. - Wenn man versteht, dass die Welt eine Illusion ist, dann muss auch die Vorstellung von Liebe eine Illusion sein.

 

Ist sie das?

 

Letztlich ist ja die Frage: Wie kann ich glücklich sein? Der Mensch glaubt, dass es Liebe ist, wenn man etwas fühlt für jemanden z.B. - Wie kann es dann aber sein, dass Eltern ihre Kinder manchmal in bestimmten Situationen nicht lieben, wie kann das dann Liebe sein? Oder wenn man verliebt ist, einen Partner hat, wie kann es sein, dass man manchmal wütend auf ihn wird? - Und wenn das so ist, dass man manchmal wütend auf seinen Partner oder seine Eltern wird - wie real kann dann die Liebe von vornherein gewesen sein?

 

Kann sich ja auch ändern, sie kann ja zu- oder abnehmen...

 

Wenn Liebe real ist, kann sie sich nicht ändern; kann nicht zu- oder abnehmen oder ins Gegenteil umschlagen, dann wäre es ja keine wahre Liebe - dann wäre es ja nur minimaler Hass.

Wie real kann Liebe sein, wenn man heute noch verliebt ist und morgen der Partner einen betrogen hat und man ihn dann nicht mehr liebt? - Das heißt doch nur, dass die Liebe von einer bestimmten Bedingung abhängt, dass sie nicht bedingungslos war, und in diesem Sinn illusionär ist. 

Das, was der Verstand für Liebe hält, hängt mit Bedingungen zusammen und das ist Teil dessen, das Lebens zu verstehen, dass es illusionär ist. Jeder Begriff, jedes Wort im Verstand muss eben verstanden werden, dass es nur innerhalb einer Bandbreite von Dualität existiert. Wie du schon sagtest: Liebe kann zu- oder abnehmen - Liebe im Sinne von dem, was der Verstand glaubt, was Liebe ist: Nämlich im Prinzip nur eine Bandbreite zwischen Liebe und minimalem Hass. - Das heißt: Wenn der eine den anderen heute liebt ist es nur minimaler Hass. Und zwar deswegen, weil es morgen andersrum sein kann. Und dieser Hass, der dann morgen kommt, ist nur minimale Liebe. Es ist einfach nicht absolut. Und diese Relativät der Dualität, Dualität zwischen Liebe und Hass, Groß und Klein, ist eigentlich Eins - nur in unterschiedlichen Ausprägungen. Diese Dualität ist nicht real in dem Sinne, dass da einmal Liebe ist und einmal Hass, sondern, dass es im Prinzip Eins ist, was als manchmal mehr Liebe und weniger Hass erscheint und manchmal mehr Hass und weniger Liebe.

 

Dualität heißt einfach diese „Zweigleisigkeit“ von z.B. Liebe und Hass?

 

Diese Komposition von zwei Begriffen. „Liebe“ im Verstand bekommt seine Bedeutung nur durch sein Gegenteil, „Hass“, vermittelt. Das ist deswegen illusionär, weil die Liebe an sich nicht existiert.

Das beutetet illusionär: Das, was der Verstand, das Ego, für Liebe hält, ist nicht absolut, sondern pendelt zwischen Liebe und Hass. Das ist die Natur des Verstandes, der auf Dualität basiert, und das ist mit „illusionär“ gemeint. Wenn das verstanden wird, zeigt sich, dass es eben nicht wahre Liebe sein kann, was der Verstand behauptet, was wahre Liebe ist, und dann zeigt sich, was sozusagen bedingungslose Liebe ist -  die ist dann nicht abhängig davon was der andere tut und macht, die basiert eben auf einem Verständnis, dass der andere nicht aufgrund von freiem Willen so ist, wie er ist. Und wenn du das verstehst, dann verstehst du auch die Dualität, als das, was sie ist, einfach nur Gedanken.

 

Ich möchte nochmals gerne auf das Thema mit den illusionären Gegenständen zurückkommen, streiten wir uns dabei nicht um Namen? Wenn du gesagt bekommen würdest, das Ganze würde nicht „Macbook“ heißen, sondern „Bookmac“, dann würdest du zwar ein Bookmac sehen, ich ein Macbook, aber wir sehen doch beide einen Block aus gefrästen Aluminium mit Display und Tastatur.

 

Und wenn wir es Plastik nennen würden?

 

Dann würden wir wohl beide Plastik sehen.

 

Genau darum geht es. Die Worte, die sozusagen passieren für bestimmte Dinge, sind eben nicht die absolute Natur dessen, was du vor dir hast. Genau darum geht´s.

 

Richtig, aber im Prinzip ist es doch egal, wie wir es nennen, wir sehen doch im Prinzip beide dasselbe?

 

Ja, und genau das zeigt, warum das, was der Verstand über die Welt sagt, eine Illusion ist und nicht die Realität. Wir sehen beide sozusagen dasselbe, nämlich: Die Welt ist nichts anderes als eine Reflexion von Energie und diese Energie spiegelt sich wieder in Bildern, Worten und Farben und lässt den Verstand, als Teil dieser Energie (der Verstand ist Ton und Ton ist auch nur Energie) sozusagen das benennen, was da vor einem ist. - Das Unbenennbare wird durch den Verstand benannt. Dadurch entsteht eine illusionäre Welt im Verstand und die Vorstellung hat sich früher oder später eingebürgert, dass der Mensch der Denkende, Sprechende und Handelnde ist.

 

Was heißt „Energie“ in diesem Fall?

 

Energie ist sozusagen ein Wort, man könnte auch sagen, Energie bedeutet „das Nichts“. Energie ist das „Unbennbare“ - das ist jetzt auch einfach nur ein Wort für das „Unbennbare“ im Allgemeinen, aber: Wenn der Mensch versteht, dass das, was sich vor ihm befindet, eine Transformation von Energie ist, die spontan abläuft, unkontrollierbar und nicht vorhersagbar, und eben nicht das, was der Verstand ihm sagt, dann wird er frei von dem Glauben, dass da Menschen sind, die aufgrund von freiem Willen handeln und tatsächlich machen, was sie tun, und darum geht es. - Darum ist die Welt eine Illusion, weil alles eine einzelne Bewegung von Energie ist, die sich spontan, unkontrollierbar und nicht vorhersagbar transformiert, und das Leben nicht voller Handlungen, Individuen, Zeit und realen Gedanken ist.

 

Stellt das nicht einen Widerspruch dar: Keinen freien Willen zu haben und trotzdem gleichzeitig nicht vorherbestimmt zu sein?

 

Nein, denn Vorherbestimmung basiert darauf, dass Handlungen, Individuen, Zeit usw. real sind, aber all dies ist nur ein Gedanke im Verstand, eine Höherentwicklung von Ton. Der Verstand ist Ton im Leben. - Das Leben ist ein Spiel aus Licht und Ton.

 

Also war es nicht vorherbestimmt, dass wir gerade skypen?

 

Zu sagen, der Mensch hat keinen freien Willen, ist ein relatives Verständnis. „Er ist nicht der Denkende, Sprechende, Handelnde“ und damit kommst du im täglichen Leben auch schon sehr weit, aber ein absolutes Verständnis bedeutet, zu erkennen, dass jegliche Benennung des Verstandes von Objekten, Tieren, Pflanzen, Handlungen... an sich schon illusionär ist und das Leben nur ein einzelnes Fließen von Energie ist. Und dann wird klar, dass es nichts Vorherbestimmtes geben kann, weil allein schon eine Handlung, die vorherbestimmt sein könnte, ein illusionärer Gedanke im Verstand ist. Das ist absolutes Verständnis. Relatives Verständnis ist zu sagen: „OK, wir sehen aus wie Menschen und ich bin eben nicht der Handelnde.“

 

Wie nimmt ein Mensch, der noch nie sehen konnte, ein Blinder, die Welt war?

 

Auch beim Blinden transformiert sich das, was seine Sinneswahrnehmungen ihm sagen über die Welt, im Verstand zu Gedanken höher…

 

…Ja aber er sieht ja nichts….

 

Ja, der Mensch sieht die Welt nicht, in Wirklichkeit denkt er sie. Relativ gesprochen hat er aber ja noch andere Sinne, die offenbar reichen, um Gedanken zu werden. Wenn du jetzt noch fragst, wie ein taubstummer Blinder die Welt sieht, empfehle ich dir das Buch („Evolution des Verstandes“, da wird es erklärt, weil der taubstumme Blinde ist eine Herausforderung.

 

Ok, dann weitere Fragen: Existiert denn ein Wasserstoffatom?

 

Genauso wie der Computer, ist auch ein Wasserstoffatom eine Reflexion von Energie und keine Realität im Leben.

 

Und Elektrizität?

 

Dasselbe.

 

Und der Äquator? - Man sieht ihn ja in dem Sinn nicht, er ist ja nur eine festgelegte Linie, wenn man so will.

 

Jetzt verstehe ich, auf was du hinaus willst: Der Äquator und deine anderen beiden Beispiele, unterscheidet sich nur scheinbar von einem Gegenstand wie dem Computer, weil du zeigst ja auch sozusagen virtuell mit einem Globus auf den Äquator und benennst es als „Äquator“ und zeigst auch mit dem Finger auf den „Computer“ und benennst ihn auch als „Computer“. Im Prinzip ist es nur eine Frage der Abstraktion aber es macht eigentlich keinen Unterschied.

 

Zum Abschluss dann noch das Thema „Schmerz und Traum“. 

Wenn ich richtig aufgepasst habe, würde Schmerz ja, sollte es illusionär sein, voraussetzen, dass wir nur Schmerzen haben, wenn wir uns auch des Schmerzes bewusst sind.

Da gibt es ja auch ein Beispiel von einem US-Soldat der im Krieg sein Arm verloren hat und erst Schmerz verspürte, als ihn jemand darauf hingewiesen hat. - Das könnte man ja aber auch als Schock-Zustand benennen. Aber ohne dass ich darauf vorbereitet bin und mich jemand stößt oder schlägt, nehme ich das doch trotzdem als Schmerz war, auch ohne, dass ich es vorher weiß.

 

Nein, wenn du zum Beispiel Halsschmerzen hast und einschläfst, tut dir dein Hals dann noch weh?

 

Im Schlaf nicht, aber die Halsschmerzen sind deswegen ja nicht unbedingt weg, ich spüre sie halt nur nicht mehr. 

 

Ja aber Schmerz ist doch, dass du einen Schmerz fühlst, was sonst? - Du hast im Schlaf also nicht den Gedanken an Schmerz.

 

Wenn ich aufwache, sind die Schmerzen aber wieder da.

 

Aber auch nicht die ganze Zeit. Wenn du ein Film anschaust und gerade an etwas anderes denkst, kann es sein, dass du auch keine Schmerzen mehr hast.

 

Und eine einfache Berührung? Ist diese auch illusionär?

 

Ja. Spürst du das Bett auf dem du schläfst?

 

Ja.

 

Wenn du schläfst?

 

Nein…..

 

Gut, genau das ist die Antwort. 

Der Mensch ist einfach noch nicht wach genug, um zu „sehen“, dass alles, von dem er glaubt, dass es eine reale Wahrnehmung ist, eigentlich nur ein Gedanke im Verstand ist. Wenn morgens dein Wecker klingelt, dann bist du schon wach, um ihm zu hören. Das Leben erweckt dich präzise zu dem Zeitpunkt, während es präzise in selben Augenblick den Wecker klingeln lässt, nicht der Wecker, weil du ihn hörst, weckt dich, sondern das Leben ist so präzise in der Art, wie es die Illusion im Verstand erzeugt, und der Mensch ist einfach nicht wach genug, um das wahrzunehmen. Wenn du jeden einzelnen Winkel deines Verstandes vollkommen durchschaut hast, wirst du wach genug und merkst es. Nicht als Wissen! Sondern einfach nur als „direktes, klares, waches Sehen“.

 

Warum leben wir? Was ist deiner Meinung nach der Sinn des Lebens?

 

Jeder Sinn des Lebens, den du dir vorstellen kannst, ist nur ein Gedanke im Verstand.

 

Wir sind nur primitive Tiere, die die Möglichkeit haben über solche Dinge nachzudenken, zu philosophieren, aber ohne weiteren Sinn?

 

Nochmals: Jeder Sinn, dem du deinem Leben gibst, kann nur ein Gedanke im Verstand sein.

 

Kann ich soweit schon nachvollziehen aber…

 

Er ist einfach relativ. Jeglicher Sinn, dem du dem Leben gibst, ist relativ und nicht absolut. - Jeder Mensch hat eine andere Vorstellung von dem, was der Sinn des Lebens ist.

 

…im Prinzip doch ziemlich ernüchternd, oder?

 

Für das Ego schon, wenn du das Leben klar verstehst, wirst du verstehen, was Ernüchterung ist, und frei davon sein, vielleicht ist das der Sinn des Lebens - relativ gesprochen: Dass du das Leben als Illusion durchschaust und jeden Augenblick deines Lebens bedingungslos genießen kannst, egal, was passiert, ohne Angst, ohne Ärger, ohne Wut, ohne Sorge, „Was mache ich morgen, hoffentlich mach ich alles richtig“.

 

Und warum denkt man in Alltagssituationen nicht an solche Dinge, sondern nur an die für uns vermeintlich real erscheinenden Dinge?

 

Weil der Verstand so konditioniert ist, zu glauben, dass alles real ist, was er denkt. - Weil der Verstand denkt, er ist der Sprechende, Denkende und Handelnde.

 

Wie kann man das ändern?

 

Der Mensch entwickelt sich höher als Teil der Evolution des Lebens. Das Leben hat den Verstand konditioniert, das Leben dekonditioniert den Verstand. Die Frage nach dem „Wie“ stellt sich nicht.

 

Naja, ich kenn jetzt ja die Thesen und Theorien, aber im Prinzip hat sich jetzt doch noch nicht viel verändert. - Und darum geht es ja auch größtenteils, das man eine Veränderung bemerkt….

 

Nenn mir mal ein Beispiel in deinem täglichen Leben, wo du glaubst, dass dein Verständnis noch nicht klar genug ist.

 

*überlegt*

 

muss ja nicht heute sein, überlege dir etwas

 

*überlegt, etwas ratlos*

 

Super Beispiel. Du bist nicht wach genug um zu verstehen, dass dir der Gedanke entweder passiert oder nicht. Wenn du klar darüber wärst, dass Gedanken geschehen und du sie nicht geschehen lässt, wärst du völlig entspannt damit, dass der Gedanke gerade nicht kommt, selbst wenn ich dich dreimal auffordere „Überlege dir etwas!“

 

Nehmen wir doch Ziele, Träume und Wünsche als Beispiel dafür, dass man oft angespannt ist.

 

Deine Ziele, Träume und Wünsche kommen dir real vor…

 

Nein, sie kommen mir illusionär vor, weil sie ja bisher nur als Gedanken existieren.

 

Wunderbar. Dann dürftest du nicht angespannt sein. - Wenn du glaubst, dass du das Ziel hast, einen bestimmten Beruf zu erreichen und wenn du gleichzeitig glaubst, dass es in deiner Macht steht, dass du derjenige bist, der das tun muss, dahin zu kommen, dann wirst du angespannt sein auf den Weg dorthin. Wenn du aber verstehst, dass es nicht so ist, dass das Leben von selbst geschieht, dann wirst du Vertrauen ins Leben haben und dabei immer relaxt bleiben. Wenn du das verstehst, wirst du immer entspannt sein.

 

Das mag schon sein, aber wenn ich jetzt mit dem Gedanken durch das Leben gehe, dass sich eh alles zum Besten wendet, dann müsste ich doch eigentlich gar nichts mehr machen und mich nur noch ins Bett legen und warten?

 

Müsstest du, theoretisch. - Aber das zeigt nur, dass die Vorstellung, dass das Leben illusionär ist, für dich bis jetzt nur ein Glaube ist. - Alles wird genauso passieren wie es bestimmt ist, dass es passiert, und du kannst nichts dagegen tun, dass du irgendwann aus deinem Bett wieder aufstehst, dich um einen Job bewirbst, den Job bekommst oder nicht.

Nur weil du glaubst, dass du nichts tun kannst, heißt das doch noch lange nicht, dass das Leben nicht trotzdem passiert.

 

Stimmt.

 

Also keine Sorge! Nur weil du glaubst, dass du nicht der Handelnde bist, passiert trotzdem alles von alleine und wenn du das siehst, dass alles von alleine passiert, glaubst du nicht nur, dass du nicht der Handelnde bist, sondern verstehst, dass du nicht der Handelnde bist, und das ist Weisheit und Gelassenheit, Entspanntheit, das Leben genießen, in jedem Augenblick, so illusionär es auch sein mag. Bedingungslos, ohne Zukunft ohne Vergangenheit, einfach nur das zeitlose Jetzt, das eine Illusion des Lebens reflektiert.

 

Stimmt, lass uns noch ganz kurz das Thema „Zeit“ ansprechen. - Ist Zeit auch eine Illusion?

 

Der Verstand kann niemals in der absoluten Gegenwart sein, das Leben muss ja in der Gegenwart passieren aber wie kurz ist die Zeitspanne der Gegenwart? Nichtmal die Wissenschaft ist in der Lage die absolute Gegenwart als Zeiteinheit zu messen und selbst die Wissenschaft kommt heutzutage zu dem Schluss, dass das Leben in einer zeitlosen Zone spontan passiert. - Der Verstand ist im „absoluten Jetzt“ nichts weiter als Ton, man könnte sagen Energie, die so langsam als Ton in Erscheinung tritt. Und erst durch eine gewisse illusionäre Zeit, die vergeht, transformiert sich in deinem Verstand ein Ton in ein Wort. Ein Wort braucht Zeit um ausgesprochen zu werden - Je nachdem wie lange das Wort ist. Das heißt, der Verstand lebt niemals im „absoluten Jetzt“, sondern immer in der Vergangenheit, in der scheinbaren Gegenwart oder in der Zukunft. Und alles, was der Verstand über das Leben sagt, kann nicht das sein, was gerade im „Jetzt“ passiert, sondern muss schon passiert sein, also Vergangenheit sein. Im zeitlosen „Jetzt“ und gedankenfreien „Hier“ passiert nichts außer einer kontinuierlichen, spontanen, unkontrollierbaren und nicht vorhersagbaren Transformation von Energie. Das Leben ist Licht und Ton. Der Tonaspekt des Lebens, der eine Verzögerung darstellt, weil Ton langsameres Licht ist, reflektiert eine illusionäre Welt, einen illusionären Menschen und einen illusionären Verstand.

Das Leben zu verstehen ist nicht eine Frage, ob „Ja“ oder „Nein“, sondern zu verstehen, auf welche Weise das, was der Mensch wahrnimmt, existiert. - Es existiert. Aber es existiert nicht so, wie der Verstand sagt, dass es existiert. - Nicht „Ja“ oder „Nein“, sondern „illusionär“ ist die Antwort und nur wenn sie, als Weisheit, nicht als Verstandeswissen, verstanden wird, offenbart sie sich.

 

Ganz subjektiv noch, wie hat es bei dir angefangen sie zu verstehen?

 

Als ich die Bücher von Dr. Shankar gelesen habe.

 

Und warum?

 

Weil diese Bücher der Menschheit nicht weiteres Wissen hinzufügen, wie man leben soll, was man tun soll, um glücklich zu sein, sondern weil diese Bücher zeigen, warum alles, was der Verstand denkt, nicht real, sondern illusionär sein muss.

 

Ja, aber du warst doch auch bestimmt erstmal an einem Punkt, wo du davon ausgegangen bist, dass das Leben real sei. - Wieso dann der Wunsch, sich auf die Suche nach der Illusion zu begeben?

 

Ich habe mich immer gefragt, wie es denn sein kann, dass wenn meine Kinder was tun, was mir nicht gefällt, dann plötzlich meine Liebe als Vater zu den Kindern aufhört. Ich wollte verstehen, warum ich nicht in der Lage bin, meine Kinder bedingungslos zu lieben. Und dann wurde mir immer klarer, dass diese Liebe, die ich für Liebe gehalten habe, keine Liebe sein kann, weil sie von Bedingungen abhängig ist. In dem Sinne könnte man sagen, habe ich angefangen, solche wichtigen Wörter wie „Liebe“ in Frage zu stellen und zu untersuchen. Das, könnte man sagen, war der Anfang.

 

Alles Klar, vielen Dank, ich habe viel dazugelernt.

 

War eine nette Unterhaltung. Ich hoffe, dass es nicht nur gelerntes Wissen für dich bleiben wird.

 

Copyright 2012, Marcus Stegmaier, M.A.

 

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