Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.

Published on www.acadun.com

The Netherlands

24th November 2014

 

 

Essenz und Jetzt

 

Jeder Mann und jede Frau glaubt, dass sich das Wort „Jetzt“ auf Unmittelbarkeit in der Gegenwart, wo eine Handlung, ein Wort oder ein Gedanke geschieht, bezieht. Im Grunde, aus praktischen Gründen, ist das Jetzt die Gegenwart für alle menschlichen Wesen, sei es wissende, wissenschaftliche, spirituelle oder religiöse. Die Essenz des Lebens reflektiert das Jetzt für jeden als den „gegenwärtigen“ Moment im Leben und auch im Verstand. Daher glauben Mann und Frau, dass das „Jetzt“ im Leben dasselbe ist wie das „Jetzt“ im Verstand.

 

Die Essenz des Lebens, die in der Evolution präsent ist, entwickelt sowohl den Intellekt als auch die inhärente Eigenschaft „Verständnis“. Ein entwickeltes Verständnis ermöglicht es dem erleuchteten menschlichen Wesen, zu wissen, dass das „Jetzt“ im Leben nicht dasselbe ist wie das „Jetzt“ im Verstand.

 

Die Erleuchteten erkennen, dass der Verstand nach dem „Jetzt“ im Leben kommt und das Leben vor dem „Jetzt“ des Verstandes. Und außerdem, dass der Verstand eine Verzögerung im „Jetzt“ des Lebens ist und das Leben dem „Jetzt“ des Verstandes voraus ist. Die Erleuchteten verstehen des Weiteren, dass es im Verstand vorher und nachher gibt, voraus und hinterher, während das Leben vorher, also dem Verstand voraus ist. Die Erleuchteten verstehen auch, dass der Verstand stagniert, während das Leben voranschreitet.

 

Was könnte nun der Beweis sein, dass das „Jetzt“ im Leben nicht dasselbe ist wie das „Jetzt“ im Verstand, also, dass das „Jetzt“ des Verstandes eine Verzögerung ist oder nach dem „Jetzt“ im Leben kommt?

 

Erstens bewegt sich ein Kind einfach und weiß nicht, dass es etwas tut oder sagt. Das Kind weiß später, dass es etwas tun oder sagen kann. Das Kind und der Erwachsene erkennen nicht, dass sie eine Handlung, ein Wort oder einen Gedanken nur, nachdem es geschehen ist, mit Sicherheit im „Jetzt“ des Verstandes wissen und niemals, bevor es im „Jetzt“ des Lebens geschieht. Bevor die Handlung, das Wort oder der Gedanke im „Jetzt“ des Lebens geschehen, weiß ein Erwachsener, was geschehen sollte oder nicht geschehen sollte, doch ein Erwachsener weiß niemals mit Sicherheit den exakten Moment und die exakte Handlung, das exakte Wort oder den exakten Gedanken, der im „Jetzt“ des Lebens geschehen wird. Das beweist, dass das „Jetzt“ im Leben dem „Jetzt“ im Verstand voraus ist.

 

Zweitens erkennt der Mann oder die Frau mit Sicherheit im „Jetzt“ des Verstandes, dass die Blume erblüht ist, erst nachdem sie im „Jetzt“ des Lebens erblüht ist und niemals zuvor. Der Mensch weiß mit Sicherheit, dass eine Blume erblühen wird, doch er weiß im „Jetzt“ des Verstandes niemals mit Sicherheit die exakte Blume, die erblühen wird, und den präzisen Moment, wann exakt diese Blume im „Jetzt“ im Leben erblühen wird. Dementsprechend verhält es sich auch mit dem Heranreifen einer Frucht.

 

Folglich ist das „Jetzt“ im Leben nicht dasselbe wie das „Jetzt“ im Verstand. Die Erleuchteten verstehen, dass der Verstand eine Verzögerung im Leben ist, während das Leben dem Verstand voraus ist.

 

Die Erleuchteten verstehen außerdem, dass die Essenz des Lebens den Menschen als den illusionären Handelnden, Sprechenden und Denkenden projiziert. Daher sind die Erleuchteten immer voll Mitgefühl und Liebe für jeden und niemals aufgebracht oder beleidigend gegenüber denen, mit denen sie leben, zusammenkommen oder die sie treffen.

 

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V. S. Shankar 2014

 

Anmerkung des Herausgebers:

Die Erleuchteten offenbaren dem Menschen, dass seine oder ihre Existenz in eine Illusion gehüllt ist. Daran ist nichts falsch, denn sowohl der Glaube des Menschen an die Realität der Illusion als auch das sich entwickelnde Verständnis der Illusion sind nichts, was der Mensch tut. Der gegenwärtige Moment „Jetzt“ offenbart das Verständnis des Verstandes von der Welt, in der der Mensch lebt. Das Verständnis des Autors dieses Artikels, des Erleuchteten, offenbart die wahre Natur des „Jetzt“, das immer erblüht.

Julian Capper, Großbritannien.

 

Anmerkung des deutschen Übersetzers:

Was der Mensch „Jetzt“ nennt, ist immer vage und das weiß er auch. Wie sollte es jemals möglich sein, einen Moment mit exakter Präzision zu benennen. Dieses Wissen ist überhaupt nicht neu und es ist allgemein anerkannt und auch Teil der Philosophiegeschichte seit Tausenden von Jahren. Allerdings wurden die Implikationen, dass das Jetzt im Leben etwas vollkommen Verschiedenes ist von dem, wofür es der Mensch, obwohl er es besser wissen sollte, hält, niemals so klar erklärt wie in diesem Artikel von Dr. Shankar.

Marcus Stegmaier, Deutschland.

 

 

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