Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
Niederlande
10 December 2019 

Fünfte Jahreszeit (2)

„Verstand“

Was man in einer Jahreszeit, zum Beispiel in einer bestimmten Jahreszeit, in der es regnet, beobachtet, ist, dass die Regenfälle variieren. Eines Tages kann es für einen Tag oder für viele Tage gießen, eines anderen Tages kann es für einen Tag oder für viele Tage rieseln, und eines Tages kann es nur für einen Tag oder für viele Tage nieseln.

Man kann nie eine bestimmte Art von Regen als Regenzeit ausmachen. Wenn man den Sommer beobachtet, kann man nicht sagen, dass es 32 Grad an jedem Tag im Sommer sein sollten. Kannst du das? Auch die Sommersaison ist vielfältig.   

In gleicher Weise, wenn der Mann oder die Frau wütend wird, ist es/hat dies ein gewisses Ausmaß. Es ist die Jahreszeit der Wut im Verstand. Der Zorn kann nicht anders sein, als das, was er im Moment ist. Ihr könnt den Zorn nicht ändern, um Liebe zu sein, so wie ihr den Sommer nicht ändern könnt, dass er Frühling ist/um Frühling zu sein.  

Jede Jahreszeit variiert. Jeder Zorn variiert. Jede Jahreszeit kann nicht anders sein als das, was sie ist. Du kannst keine Jahreszeit kontrollieren, weil du den Moment, in dem sich die Jahreszeit befindet, nicht kontrollieren oder den Moment, in dem sich die Jahreszeit befindet, nicht machen kannst. 

In gleicher Weise verstehe, dass, obwohl du den Zorn kontrollieren willst, du den Zorn nicht kontrollieren kannst, weil du den Moment, in dem sich der Zorn befindet, nicht kontrollieren kannst. Du kannst auch nicht den Moment machen, in dem sich Wut befindet.

Was machst du mit jeder Jahreszeit? Du akzeptierst sie so, wie sie ist, nicht wahr? Was sagt dir das Leben?  Das Leben sagt dir, dass jede Jahreszeit in Art und Intensität variieren wird, ähnlich wie in deinem Verstand die Gedanken in Art und Intensität ständig variieren.

Das Leben sagt dir immer wieder, dass die Art und Intensität des Wetters zu jeder Jahreszeit nicht durch diejenige Art und Intensität des Wetters ersetzt werden kann, die dir gefällt, weder durch das Leben noch durch deinen Verstand. Ebenso können auch die Gedanken im Verstand, die sich in jedem Moment befinden, nicht durch das Leben oder durch deinen Verstand ersetzt werden.

Du kannst nicht sagen, hey, sprich zu mir nur auf diese Weise, denn so ist die Liebe. Du kannst nie zu jemandem sagen, so sollst du sprechen; nur wenn du so mit mir sprichst, wird unsere Beziehung aufrechterhalten bleiben. 

Nein. Du kannst dem Verstand nicht vorschreiben, wie er sprechen soll. Der Verstand ist die fünfte Jahreszeit des Lebens. Der Verstand ist eine Jahreszeit, die von der Geburt an beginnt, so wie jede Jahreszeit von der Geburt an beginnt.

Die Erleuchteten akzeptieren jede Jahreszeit, wie sie ist, und jeden Verstand, wie er ist, und erwarten nicht, dass sie anders sind als das, was sie in jedem Moment des Lebens sind.

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V.S. Shankar 2019

Anmerkung des Herausgebers:
Die Beschreibung des Verstandes als eine Jahreszeit, die fünfte Jahreszeit, verdeutlicht die Natur sowohl der Jahreszeit als auch des Verstandes. Die vier Jahreszeiten drücken sich als ein äußeres Phänomen aus, das die ganze Bandbreite der Natur widerspiegelt; der Verstand kann sich als eine innere Erfahrung von Emotion und Gedanken ausdrücken oder er kann sich als ein äußeres Phänomen von Sprache und Ton ausdrücken. Jede Erfahrung oder jeder Ausdruck geschieht innerhalb eines Moments. Der Moment ist aufgrund der Intelligenz des Lebens, nicht durch den Menschen oder durch eine andere Organisation da. Jedes Wort und jede Offenbarung in diesem und jedem Artikel, in jedem Buch und in jedem Interview mit den Weisen ist eindeutig klar und präzise. Es ist so.
Julian Capper, Großbritannien.  

Anmerkung des deutschen Übersetzers: 
„Wie geht es dir?“ und „Wie ist das Wetter bei euch?“ sind beliebte Fragen im Smalltalk. Während die erste Frage, nach dem Wohlbefinden des anderen, auch in tiefen, persönlichen Gesprächen auftaucht und sich emphatisch mit den Sorgen und Nöten des Gegenübers auseinandersetzt, ist die Frage nach dem Wetter, wenn es sich nicht um lebensbedrohende Extreme handelt, eher banal. Doch in beiden Fällen ist dem Menschen der Zusammenhang unklar zwischen den beiden Fragen, wie er hier von Dr. Shankar tiefsinnig und weise erläutert wird. Wenn der Mensch versteht, dass das Wetter draußen und das Wetter drinnen nicht in seiner Hand ist, wird er über beides weniger reden und sich auch von den Geschichten, die sein eigener Verstand darüber zu erzählen hat, weniger beeindrucken lassen. Das ist nicht das Ende des Mitgefühls für die Sorgen und Nöte der anderen, doch das Mitgefühl verlagert sich durch ein tiefes Verständnis der vier äußerlichen Jahreszeiten und der fünften, inneren Jahreszeit, Verstand, von der Frage, was man falsch gemacht hat, wenn es einem schlecht geht und was man dagegen tun sollte, zu Geduld, dass dem anderen Klarheit über die wahre Natur seines Verstandes als illusionär geschieht. 
Marcus Stegmaier, Deutschland. 

back to articles page