Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
Niederlande
8 Februar 2018

Geburt von Worten

„Grobstofflich und feinstofflich“


Ein Mann oder eine Frau betrachten ein Wort als selbstverständlich. Ein Mann oder eine Frau glauben, dass er oder sie ein Wort als Gedanken denken oder als Wort sprechen können. Ein Mann und eine Frau sind überzeugt, dass sie ein Wort denken und sprechen können.

Die Erleuchteten haben allerdings verkündet, dass Mann oder Frau weder Denkende noch Sprechende sind. Sie haben verkündet, dass Denken und Sprechen dem Mann oder der Frau geschehen, sie aber glauben, dass sie ein Wort sprechen oder denken können.

Was kann nun das Verständnis der Weisheit der Erleuchteten sein, dass Mann und Frau weder der Sprechende noch der Denkende eines Wortes sind, obwohl Sprechen und Denken eines Wortes geschehen? Wie kann dies von Mann und Frau gleichermaßen verstanden werden, ist die Frage.  

Nun, ein Wort besteht aus Buchstaben im Alphabet. Ein Buchstabe ist allerdings in jeder Sprache nur Ton. Ton und Bewegung sind zusammen und können nicht getrennt werden. Das zeigt, dass Bewegung und Ton zwei Seiten derselben Münze, genannt Moment, sind, weil in jedem Moments sowohl Bewegung als auch Ton existiert.

Als die Evolution voranschritt, entwickelte sich die Bewegung von Luft im Blutkreislauf zu Ton und als sich der Intellekt entwickelte, wurde Ton als Ton erkannt. Später, als sich der Intellekt weiter entwickelte, wurde Ton als ein realer Buchstabe erkannt, wenngleich illusionär. Dementsprechend wurden Töne, als sich der Verstand weiter entwickelte, als Töne erkannt und später wurden Töne als reale Buchstaben erkannt, wenngleich illusionär.

Später in der Evolution entwickelte sich die Luftbewegung aus den Lungen zu Tönen, die als Töne erkannt wurden. Noch später in der Evolution wurden die Töne als reale, gesprochene, individuelle Buchstaben erkannt, wenngleich illusionär.

Als die Evolution den Intellekt entwickelte, wurde eine Ansammlung von Tönen anfangs als Töne und schließlich als viele, reale Worte, wenngleich illusionär, im Verstand erkannt. Gleichzeitig entwickelte sich dasselbe Phänomen zu gesprochenen Tönen und schließlich zu realen gesprochenen Worten, wenngleich illusionär.

Es ist wichtig zu verstehen, dass nur eine Ansammlung von feinstofflichen Tönen als ein reales Wort, wenngleich illusionär, im Verstand erscheint. Dementsprechend wird nur eine Ansammlung von grobstofflichen Tönen ausgestoßen, die als reale, gesprochene Worte, wenngleich illusionär, dem Verstand erscheinen.

Der Moment, in dem der Mensch ein reales Wort im Verstand erkannte, wenngleich illusionär, war die Geburt eines Wortes.

Die Erleuchteten haben richtigerweise verkündet, dass der Mensch weder der Denkende noch der Sprechende ist, obwohl Denken und Sprechen eines realen Wortes, wenngleich illusionär, dem menschlichen Verstand geschehen. 

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V. S. Shankar 2018

Anmerkung des Herausgebers:
Der Mensch ist die Spitze des Evolutionsprozesses. Seine oder ihre Fähigkeit, aufgrund eines entwickelten Intellekts, reale Worte im Verstand zu erkennen – ein Phänomen, das andere Lebewesen nicht auszeichnet – kündigt die Geburt von Worten an. Ungeachtet der illusionären Natur von Worten, beleuchten sie den Weg, der zum Verständnis der Erleuchteten führt.
Julian Capper, Großbritannien. 

Anmerkung des deutschen Übersetzers:
Jeden Tag werden Worte von allen ohne Nachzudenken benutzt. Worte werden für selbstverständlich gehalten, wie Dr. Shankar in diesem Artikel zeigt. Was für ein Wunder aus Ton, Worte in der Tat sind, wird im Alltag nicht bedacht. Wenn man im Alltag tief darüber nachdenkt, transformiert sich für einen solchen Mann oder eine solche Frau der Alltag in ein Spiel aus Worten, das sich in jedem Moment des Verstandes spontan entfaltet. Noch tieferes Verständnis offenbart die Natur eines Wortes, Ton. Die Geburt eines Wortes wird mehr als der Inhalt seiner Bedeutung bewundert von so einem Mann oder so einer Frau.
Marcus Stemgaier, Deutschland.

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