Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
Niederlande
12 Februar 2017

Lesen 

„Mentale Aktivität“

 

Leseaktivität im Verstand ist ein evolutionärer Prozess des Intellekts. Der primitive Mensch las nicht: Leseaktivität entwickelte sich im primitiven Menschen und hat sich weiter entwickelt im modernen Menschen.

Leseaktivität, wenn sie sich entwickelt, lässt entweder oberflächliches Verständnis entstehen, das zu Wissen führt, oder tiefes Verständnis von Wissen, also Weisheit. Das kann man auch in Bezug auf Schreiben beobachten: Schreiben entwickelt sich entweder zu Wissen oder zu Weisheit.

Schreiben ist ein evolutionärer Prozess des Intellekts, der die Muskeln der menschlichen Hand mit einbezieht. Lesen andererseits, bezieht die Eigenschaft Verstehen mit ein, die eine dem Intellekt innewohnende Eigenschaft von Intellekt ist. 

Daher spiegelt Schreiben das Verständnis wider, das sich in Menschen entwickelt hat, entweder in Form von Wissen oder von Weisheit. Lesen andererseits vertieft das Verständnis von Wissen als Weisheit oder es verbleibt als Wissen.

Der wichtige Aspekt von Intellekt ist nun, dass er von Menschen nicht gesteuert werden kann, um so zu sein, wie er sein sollte. Intellekt entwickelt sich so, wie es bestimmt ist, und es ist, wie es ist: Es ist entweder als Wissen oder als Weisheit. Intellekt mag als Wissen verbleiben oder sich zu Weisheit weiter entwickeln; und es liegt nicht in der Hand des Menschen, ob entweder Wissen oder Weisheit entsteht.

Einmaliges Lesen ist ausreichend für manche, Wissen zu verstehen, und es spiegelt die Entwicklung des Intellekts wider. Für andere ist wiederholtes Lesen nötig, um Wissen zu verstehen, was wiederum den Grad widerspiegelt, zu dem sich Intellekt entwickelt hat.

Dementsprechend genügt es für die Wenigsten, Wissen ein einziges Mal gelesen zu haben, um Weisheit zu lesen, während für die Mehrheit wiederholtes Lesen von Wissen notwendig ist, um Weisheit zu lesen.

Lesen bezieht das Verständnis der Bedeutungen von Worten in einer Sprache mit ein. Daher ist es die Bedeutung von Worten, die entweder als Wissen verbleibt oder Weisheit offenbart.

Es ist wichtig zu verstehen, dass man keine Bedeutungen liest; man liest Worte in einer Sprache, die eine Bedeutung offenbaren. Ein Wort in einer Sprache ist allerdings Ton, denn jeder Buchstabe in einem Wort ist ein Phonem und ein Phonem ist eine Einheit von Ton. 

Lesen deutet daher also darauf hin, dass sowohl ein Wort als auch seine Bedeutung eine auditive Illusion aus Ton sind. Das impliziert, dass Lesen illusionär und nicht real ist. Die Erleuchteten haben richtigerweise darauf hingewiesen, dass das tägliche Leben illusionär ist und Lesen ist im täglichen Leben mit inbegriffen.

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V. S. Shankar 2016

Anmerkung des Herausgebers:
Es gäbe keine Leser, wenn es keine Schreiber gäbe; kein Lesen, wenn es kein Schreiben gäbe. Sowohl Lesen als auch Schreiben sind Geschenke des Lebens. Beide haben sich als Begleiter des Menschen in seinem oder ihrem täglichen Leben, wenngleich illusionär, entwickelt. So ist die Großzügigkeit des Lebens.
Julian Capper, Großbritannien.

Anmerkung des deutschen Übersetzers:
Durch Lesen überwinden geschriebene Worte, wie diese weisen Worte im Artikel „Lesen“ von Dr. Shankar, Zeit und Raum. Sie erreichen, wen auch immer sie bestimmt sind zu erreichen. Das Geschriebene wird präzise mit einem Gedanken im Verstand des Lesenden synchronisiert. So kann keiner etwas von „außen“ in sich aufnehmen, was nicht „innen“ bereits da ist. So ist die mysteriöse Kraft des Lesens, die das Leben dem Menschen geschenkt hat.
Marcus Stegmaier, Deutschland.

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