Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.

India Herald

Houston, USA

8. August 2008

 

 

“Dr. Shankars Analyse – weit entfernt davon, Meditation zu unterminieren – schenkt ihre Wahrheit jenen, die sie verstehen." Peter Julian Capper

 

„Tat Tvam Asi” und „Aham Brahmaasmi” sind sicherlich Worte der Weisheit; aber werden sie in Ehren gehalten von einem oder allen, oder wenigstens von den spirituell Gesinnten und den als spirituell Anerkannten? Wurde die Bedeutung dieser weisen Worte vollkommen verstanden? „Tat Tvam Asi” und „Aham Brahmaasmi” bedeuten „Das bist du!” und „Du bist Brahman!”. Diesen Aussagen folgen keine Anweisungen zur Meditation.

 

Zunächst einmal ist es sehr wichtig, sich zu erinnern, wer diese weisen Worte geäußert hat. Sie stammen offensichtlich von erleuchteten Wesen, denn wer sonst könnte sie realisiert haben? Sie sind sehr deutlich und lassen keinen Raum für die Existenz eines Individuums, das ein real Handelnder sein könnte. Diese Worte verkünden, dass nur das Reale existiert und dass Realität „Gott”, „Das Leben”, „die Existenz” oder „Intelligenz” bedeutet.

 

Diese Worte übermitteln auch, dass die wahrnehmbaren Wesenheiten - und es gibt viele in der Welt - notwendigerweise illusionär sein müssen und nicht real. Diese Worte stehen in Beziehung mit der Verkündigung erleuchteter Wesen, dass die Welt „Maya” sei, was „Illusion” bedeutet. Diese illusionären wahrnehmbaren Wesenheiten waren wenige in der primitiven Urzeit verglichen mit heute; und das spiegelt nur den Grad der Verfeinerung der Welt wider.

 

Es gibt also keinen Zweifel, dass diese Worte von erleuchteten Wesen gesprochen wurden. Der Mensch scheint sich nicht an sie zu erinnern und er scheint sie auch nicht verstanden zu haben. Er scheint von ihnen zu wissen, doch Wissen ist nicht dasselbe wie Verstehen: Wissen ist nur die Ansammlung von Kenntnissen, die tot sind. Warum wurden sie aber vergessen? Könnte der Mensch sie vergessen, oder ist es so, dass das Leben dem Menschen das Vergessen geschickt hat? Seine Vergesslichkeit kann keine Realität sein, denn „etwas zu vergessen” wäre dann eine Realität und die Aussprüche „Das bist du!” und „Du bist Brahman!” wären dann unwahr.

 

Der Mensch hat nicht vergessen, denn Vergessen ist nicht unter seiner Kontrolle. Wenn Vergessen real wäre, würde er immer vergessen und es gäbe nichts, an das er sich erinnern könnte. Wäre eine Welt für einen solchen Menschen möglich? Es wäre möglich und es ist der Fall, denn es ist nicht der Mensch, der denkt; Denken geschieht dem Menschen. Wenn der Mensch der Denkende wäre, würde er niemals etwas vergessen; warum sollte er? „Etwas zu vergessen” bedeutet, dass ihm ein bestimmter Gedanke nicht geschehen ist. Vergessen ist der Beweis, dass der Mensch nicht der Denkende ist und dass Denken ihm geschieht. Wenn er sich erinnern müsste und Erinnern real wäre, würde er sich immer erinnern und niemals etwas vergessen.

 

Die erleuchteten Wesen sind diejenigen, denen sich die weisen Worte „Das bist du!” und „Du bist Brahman!” offenbarten. Sie verstanden, dass der Mensch nicht der Handelnde ist. Wenn er nicht der Handelnde ist, bedeutet das, dass er auch nicht der Sprechende und der Denkende ist. Sprechen und Denken geschehen dem Menschen. Er ist nicht der Handelnde, denn voller Ereignisse ist nur der Verstand und nicht das Leben. Das Leben ist ein Transformationsprozess von Energie, die sich als einzige Bewegung widerspiegelt, spontan, unkontrollierbar und unvorhersehbar. Diese einzige Bewegung projiziert Handlungen, die eine optische Illusion sind. Es muss verstanden werden, dass Handlungen Gedanken sind, die eine auditive Illusion von Tönen sind. Der Körper, der das Sprechen mit einschließt, ist eine Bewegung von Licht, während der Verstand mit seinen Gedanken und seinem Denkprozess eine Bewegung von Tönen ist. Deshalb gilt: „Das bist du!” und „Du bist Brahman!”.

 

Die erleuchteten Wesen können die Meditationstechniken nicht hervorgebracht haben. Sie waren erleuchtet, weil sie verstanden haben, dass der Mensch nicht der Handelnde ist. Es ist unmöglich, dass sie den Menschen dazu angeleitet haben zu meditieren, denn sie haben sicherlich verstanden, dass das Leben eine einzige Bewegung ist und dass Handlungen im Leben nicht möglich sind, da das Leben zeitlos und gedankenfrei ist. Denken, Sprechen und der Gedanke an Handlungen geschahen dem Menschen und er brachte sie nicht selbst hervor. Denken, Sprechen und die Bewegungen des Körpers, wenngleich sie auch illusionär sind, spiegeln die Tiefe des Verstehens wider, die einem Menschen geschehen ist. Daher haben die erleuchteten Wesen sicherlich nicht irgendwelche Meditationstechniken hervorgebracht. Es ist weise, sich zu erinnern, dass die erleuchteten Wesen, die der Mensch kennt, niemals von ihm verlangt haben, „etwas zu tun” oder „etwas nicht zu tun”, ganz zu schweigen von Meditation. Hätten sie das getan, so hätten sie nicht „Das bist du!” und „Du bist Brahman!” realisiert.

 

„Meditation” ist ein deutsches Wort – und das entsprechende Wort in Sanskrit ist „Dyaan”, was „Kontemplation” bedeutet. Das Wort „Kontemplation” bedeutet „Verstehen”. Menschen, denen Kontemplation geschah, haben verstanden, dass die Welt, der Mensch und sein Verstand, einschließlich Zeit, illusionär sind. Das Verstehen offenbarte solchen Menschen Erleuchtung und sie wurden als erleuchtete Wesen bekannt. Mit „Meditation” ist nicht eine Handlung gemeint. Das Leben hat den Menschen dazu gebracht, zu glauben, dass Meditation eine Handlung sei. Wenn die Welt eine Illusion ist, muss auch Meditation eine Illusion sein und es muss verstanden werden, dass dies so ist.

 

Der Verstand geschah dem Menschen. Ursprünglich war der Verstand im Menschen in einem schlafenden Zustand und er wurde aktiviert im Zuge des Verfeinerungsprozesses. Der Verstand wuchs ebenso wie der Körper. Der Mensch lässt seinen Körper nicht selbst wachsen – er wächst spontan, unkontrollierbar und unvorhersagbar. Dass der Mensch seinen Körper selbst zum Wachsen bringe, ist eine Illusion, denn, um den Körper wachsen zu lassen, bräuchte er Zeit ebenso wie den Verstand und beides gibt es im Leben nicht. Es waren nun in prähistorischer Zeit die Gedanken im Verstand des Menschen nur in geringer Zahl vorhanden. Einigen geschah Kontemplation und es wurde ihnen das Verstehen zuteil, dass tagsüber das Leben auch in Abwesenheit des Verstandes geschah. Der Fluss des Lebens war für sie offensichtlich nicht von der Kontrolle des Verstandes abhängig.

 

Die erleuchteten Wesen nahmen bei der Kontemplation eine Sitzposition ein und forderten die Menschen auf zu kontemplieren, was „Dyaan” bedeutete. Sitzen war die Bewegung, die ihnen geschah. Das Wort „Sitzen” erschien später im Verstand als Teil des Verfeinerungsprozesses. Der Mensch verstand nicht, was „Kontemplation” bedeuten sollte. Er glaubte, dass die erleuchteten Wesen eine Sitzposition einnahmen, um zu kontemplieren, und die Intelligenz des Lebens war so präzise, dass in genau diesem Moment „Dyaan” oder, wie man sagt, „Meditation”, mit einer Handlung gleichgesetzt wurde. Daher glaubte der Mensch, dass „Dyaan” eine Handlung sei, die man ausführen müsse, um Frieden oder Erleuchtung zu erlangen. Die erleuchteten Wesen verstanden, dass Sitzen ebenfalls keine Handlung ist, sondern eine Bewegung, die dem Verstand als Handlung erscheint. Für die Menschen, denen ein solches Verstehen nicht geschah, wurde diese Bewegung eine Handlung und blieb Verstandeswissen, wie auch noch bis heute. Daher verschwanden die weisen Worte „Das bist du!” und „Du bist Brahman!” aus der Erinnerung, als das Leben den Menschen dazu brachte, den Verstand anstatt des Lebens als Lenker der illusionären Welt zu betrachten.

 

Während des Verfeinerungsprozesses des Menschen schenkte das Leben den erleuchteten Wesen das Verstehen und einer anderen Gruppe von Menschen schenkte es Verstandeswissen. Als das Leben voranschritt, begannen Sprachen zu erscheinen, einhergehend mit einer Vermehrung des Wissens. Bald erschien ein spezialisiertes Wissen mit dem Namen „Spiritualität” und Meditation verband sich untrennbar mit Spiritualität. Die erleuchteten Wesen verstanden, dass Wissen illusionär ist und benötigt wird, um die Illusion zu erhalten. Dagegen glaubte der Mensch, dass Wissen die Wahrheit vermittle, und war daher überzeugt, das Praktizieren von Meditation führe zur Erleuchtung. Um Meditation auszuüben, bräuchte man Zeit und den Verstand und beides gibt es im Leben nicht. Meditation erzeugt nur den Wunsch nach noch mehr Meditation und nichts anderes. Das Leben ist ein Transformationsprozess von Energie, der spontan, unkontrollierbar und unvorhersehbar in jedem Moment geschieht. Die Verkündigung der erleuchteten Wesen, das Leben sei eine Manifestation aus Licht und Ton, „Bindu” und „Nada”, ist zutreffend.

 

Warum aber möchte der Mensch meditieren? Er glaubt, dass Meditation den Verstand still oder friedvoll mache. Wie kann dies wahr sein? Wenn die Welt eine Illusion ist, wären dann nicht auch die Stille und der Frieden eine Illusion? Mit Sicherheit! Und was bringt es, den Verstand still zu machen, wenn er im Leben nicht präsent ist? Überhaupt nichts, um es vorsichtig auszudrücken. Aber wie kann der Verstand still gemacht werden, wenn Gedanken in ständiger Bewegung sind, ebenso wie auch der Körper? Würde nicht das zur Ruhe Bringen des Verstandes, wenn es überhaupt möglich wäre, die Funktion des Verstandes zum Stillstand bringen? Sicherlich würde es genau dies bedeuten und, wenn die Funktion anhielte, wäre es dem Menschen dann möglich, die illusionäre Manifestation Gottes wertzuschätzen und zu bewundern? Wenn das Ego eine Täuschung wäre, was der Fall ist und was auch die Spirituellen bestätigen, wäre dann nicht auch jede Anstrengung eine Täuschung, einschließlich der Anstrengung zu meditieren?

 

Wie könnte der Mensch den Verstand zur Ruhe bringen? Müsste er nicht den Verstand benutzen, um den Verstand zur Ruhe zu bringen? Wenn der Verstand unruhig wäre und Beruhigung bräuchte, wie könnte dann ein unruhiger Verstand Stille hervorbringen? Würde die Anstrengung, den Verstand zu beruhigen, nicht noch mehr Unruhe in ihm erzeugen? Der Mensch hat die Erfahrung gemacht, dass er nach beliebig vielen Jahren, die er glaubte zu meditieren oder Meditation zu praktizieren, beim leisesten Geräusch immer noch unruhig wird. Wenn er wirklich viele Jahre, oder mehrere Generationen, Meditation praktiziert hätte, so sollte er jetzt still oder friedvoll geworden sein. Wenn man sich den Zustand des Menschen betrachtet, ist es offensichtlich, dass er seit eh und je weit davon entfernt ist, friedvoll zu sein.

 

Kann der vom Menschen empfundene Frieden, egal wie vorübergehend, real sein? Und was für einen Wert kann ein Frieden haben, wenn er vorübergehend ist? Das würde bedeuten, dass der Frieden, den der Mensch so sehr ersehnt, immer vorübergehend und niemals permanent wäre. Aber ist es Frieden, was er als Ergebnis der Meditation erfährt? Wie könnte es, wenn eine Erfahrung nur ein Gedanke im Verstand und nichts Tatsächliches in Raum und Zeit ist? Das ist auf jeden Fall ein Widerspruch, denn das Leben ist ohne Ursache und Wirkung, und, wenn Meditation Frieden bringen würde, wäre sie die Ursache und Frieden die Wirkung.

 

Der Verstand erzeugt Dualität. Dualität geschah dem Verstand und der Mensch brachte sie nicht hervor. Warum würde der Mensch die Dualität erzeugen, nur um in ihrer Realität gefangen zu sein, wenn sie denn eine Realität sein könnte? Gott oder „das Leben” hat sehr sorgfältig und präzise die Dualität manifestiert, um eine Illusion zu erzeugen. Gott oder „das Leben” tat dies, damit dem illusionären Menschen das Verstehen zuteil werden kann, dass die Welt mit ihrer Dualität eine Illusion ist, was der Erleuchtung erlauben würde, sich selbst zu offenbaren.

 

Das Erscheinen von Dualität geschah, als gegensätzliche Wörter sich näher kamen und sich vereinigten; das erzeugte eine Bedeutung. In dem Moment, in dem Wortbedeutungen im Verstand erschienen, waren die Wörter, die vereint gewesen waren, voneinander getrennt und gleichzeitig durch ihre Bedeutung miteinander verbunden, und daraus entstand das Phänomen der Dualität. Transzendenz geschah als die Gegensätze sich wieder in einem Gleichklang vereinigten und dadurch die Dualität auslöschten. Das Verstehen, dass Gegensätze nicht voneinander getrennt, sondern miteinander verbunden sind, lässt Transzendenz geschehen; nichtsdestoweniger wird die Welt dem Menschen real erscheinen, solange Dualität im Verstand als Realität wahrgenommen wird. Verstehen offenbart, dass das Leben eine optische und auditive Illusion aus Licht und Ton ist.

 

Der Mensch ist ruhelos, wenn er viele Gedanken im Verstand hat; die Ruhelosigkeit resultiert aus der Widersprüchlichkeit der Gedanken, denn Gedanken widersprechen sich wechselseitig aufgrund ihrer dualen Natur. Daher wird in einem Zustand mit wenigen Gedanken der falsche Eindruck von Frieden erfahren, und das ist genau das, was bei der Meditation geschieht. Der Mensch wird aufgefordert sich auf einen einzigen Gedanken zu konzentrieren oder auf einen bestimmten Punkt: beispielsweise auf die Gegend zwischen den Augenbrauen, die, spirituell ausgedrückt, für das „dritte Auge” gehalten wird. Der Körper ist ebenfalls ein Gedanke im Verstand, und so verhält es sich auch mit dem „dritten Auge”. Was bringt ein „drittes Auge”, wenn die sichtbaren zwei keinen Frieden gebracht haben?

 

Das Wiederholen von Mantren erzeugt auf dieselbe Weise eine Täuschung. Statt eines einzigen Gedankens wird eine Gruppe von Gedanken wiederholt, was ein trügerisches Gefühl von Frieden aufkommen lässt und die Hoffnung auf Erleuchtung stärkt. Der Mensch ist einzigartig in jedem Moment, denn er verändert sich jeden Moment, daher kann es niemals derselbe Mensch sein, der sich auf einen einzigen oder eine Gruppe von Gedanken konzentriert. Wenn das Wiederholen von Mantren zur Erleuchtung führen könnte, wären heutzutage alle Papageien erleuchtet. Der Mensch ist verloren in einem Netz von Täuschung und wenn irgendetwas einen Zauber hat, wie Meditation, gibt es offensichtlich die Möglichkeit zur Verstrickung, die sich auch mit Sicherheit einstellt.

 

Ist es dem Menschen möglich, zu meditieren oder Meditation zu praktizieren? Das ist unmöglich, denn er ist nicht der Handelnde. Um zu meditieren oder Meditation zu praktizieren, braucht es denselben Menschen im Leben, aber er ist niemals derselbe in irgendeinem Moment, denn er ist eine Ansammlung von Energie, die sich in jedem Moment in einen neuen Menschen transformiert - das ist auch der Grund, warum der Mensch altert. Wäre er derselbe Mensch, der im Leben existiert, würde er niemals altern. Das bedeutet, Meditation und die damit verbundenen Techniken können niemals ausgeübt werden, denn der Mensch ist nicht der Handelnde, und sie können niemals praktiziert werden, denn in jedem Moment existiert ein anderer Mensch im Leben. Das ist der Grund, warum „Das bist du!” und „Du bist Brahman!” zutreffend sind. Im Übrigen würden Meditation und die damit verbundenen Techniken, wenn sie real wären, in genau dem Moment ein Ergebnis bringen, in dem sie ausgeführt werden. Es bestünde keine Notwendigkeit zu praktizieren. Dass man sie praktizieren muss, ist der Beweis, dass sie illusionär sind.

 

Das Leben lässt dem Menschen Meditation geschehen, damit er versteht, dass es ihm geschieht und dass er es unmöglich selbst tun kann, und dass der Gedanke, er täte es selbst, eine optische Illusion einer Handlung ist, und dass der Frieden, den er fühlt, nichts weiter ist als die Abwesenheit von Gedanken, die ihn stören. Sie werden wieder mächtig zurückströmen, wenn der Verstand wieder beginnt, über das tägliche Leben nachzudenken. Der Frieden existiert immer nur während der Meditation und niemals danach. Der Mensch bezahlt einen Preis für seine Meditation und dieser Preis ist das Leben, das durch die Hoffnung auf Erleuchtung verloren geht. Die Investition ist enorm, die Rendite gering, wenn nicht gleich Null. Ist das Leben einmal verloren, bleibt es verloren und kann niemals wieder gewonnen werden.

 

Was bringt den Menschen dazu, zu glauben, dass Meditation den Verstand friedlich mache? Es ist eine intelligente Täuschung: Wenn der Mensch beispielsweise die Position oder die Anwesenheit eines Objektes nicht mag, verändert er einfach dessen Position oder wirft es weg, um es durch ein anderes zu ersetzen. Derselbe Mechanismus trifft auch auf menschliche Wesen zu, was zu einem Wechsel der Partnerschaft oder zur Scheidung führt. Das Leben erzeugt die Verlagerung und den Wechsel und nicht der Mensch, und der Glaube, dass er es täte, spiegelt ein oberflächliches Verstehen wider. Das lässt ihn glauben, auch Gedanken könnten kontrolliert werden und Meditation sei der Weg, dies zu erreichen. Wenn der Mensch seine Gedanken kontrollieren kann, warum dann überhaupt meditieren? Er könnte das Denken einfach anhalten oder Gedanken denken, die ihm Frieden bringen. Das Leben lässt dies dem Menschen geschehen, damit er versteht, dass Denken geschieht und er es nicht selbst tut. Dieses Verstehen, nicht Meditation, offenbart die Erleuchtung, die er so sehr ersehnt.

 

Wenn Meditation eine Handlung wäre, und es ist keine, würde das jede Handlung zu Meditation machen. Kaffeekochen erscheint nicht als Meditation, weil es nur wenige Minuten dauert, wohingegen man glaubt, dass Meditation viele Stunden lang andauere. Je mehr Stunden meditiert wird, desto größer ist die Chance auf Erleuchtung, so glaubt man. Das ist nur ein Glaube und ein Glaube ist niemals die Wahrheit. Die Wahrheit kann niemals Verstandeswissen sein. Meditation geschieht dem Menschen, damit er versteht, dass selbst Kaffeekochen ihm geschieht. Dieses Verstehen offenbart, dass das Leben eine einzige spontane Bewegung im zeitlosen und gedankenfreien Jetzt ist, und „im Moment zu leben" ist Erleuchtung. Meditation bringt dich dazu, in Kategorien von Zeit zu denken, und wann immer Zeit da ist, bist du im Verstand und nicht im Leben.

 

Deine dir angeborene Natur ist ein meditativer Zustand; das Leben ist ein meditativer Zustand. Du meditierst immer und du brauchst nicht zu meditieren, um in einem meditativen Zustand zu sein. Du bist meditativ, ob es dir gefällt oder nicht. Jeder Moment ist ein meditativer Moment, denn der Mensch hat den Moment oder die Illusion im Moment nicht selbst erzeugt. Jeder Moment ist Licht und Ton, was eine optische und auditive, illusionäre Manifestation erzeugt, die auch Meditation mit einschließt.

 

Meditation gibt dem Menschen das Gefühl, anderen überlegen zu sein. Sie lässt ihn als den Handelnden erscheinen, der er nicht ist, und das ist genau das, was er durch Meditation eigentlich überwinden möchte. Die Anstrengungen des Menschen unterminieren den Nutzen der Meditation. „Real” bedeutet das, was sich nicht verändert und was ewig ist. Wenn also Meditation real wäre, würde es keine andere Handlung in der Welt geben; der Mensch wäre in einem meditativen Akt bis in alle Ewigkeit – das ist die Bedeutung von „Einheit”. Daher kann Meditation nicht eine ausschließende Handlung sein. Wäre das so, könnte das tägliche Leben unmöglich geschehen. Da das tägliche Leben aus vielfältigen Ereignissen besteht, können diese ebenfalls nicht real sein; sie müssen illusionär sein, und das sind sie auch.

 

Lebe jeden Moment, denn das ist Meditation, dann wirst du im Leben sein, das ein meditativer Zustand ist. Wenn nur ein einziger Gedanke im Verstand ist, der dir real erscheint, bist du nicht meditativ. Meditation ist eine Verfeinerung der einzigen Bewegung von Geburt bis zum Tod, und nicht eine Handlung. Dieser Text ist lediglich eine tiefgehende Analyse; es ist nicht beabsichtigt, irgendjemanden zu verärgern oder ihm zu widersprechen. Diese Analyse dient nur dazu, auf die Intelligenz des Lebens hinzuweisen, wie es seine Illusionen manifestiert und aufrecht erhält. Wenn der Mensch sich aufregt, oder ärgerlich wird, ist das der Beweis, dass Meditation das Versprechen auf Frieden und Erleuchtung nicht gehalten hat. Und wenn „Das bist du!” und „Du bist Brahman!” wahr sind, wer könnte dann der Mensch sein?

 

© Copyright V.S. Shankar 2008

 

 

Zurück zu Artikel

 

 

back to articles page