Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
Niederlande
25 April 2019

Tod (2) 

„Transformation”

 

Das Leben ist ewig, denn Gott ist die Quelle des Lebens und Gott ist ewig. Niemand weiß, wann der Tod begann, denn niemand weiß, wann das Leben begann. Der Tod hat keine Barrieren: Er geschieht Jung und Alt in jeder Religion, Kultur und Tradition. Transformation ist ein Prozess des Lebens, der auch den Tod mit einschließt. Der Mensch versucht, den Tod zu verhindern, doch er verschont niemanden. Wenn die Trauer echt wäre, warum sollte Gott sie dann erschaffen, wenn Gott mitfühlend und liebevoll ist? Der Mensch betet, dass der Tod nicht eintritt, aber warum hat Gott den Tod noch im Leben behalten?

Wenn der Tod eintreten muss, müsste die Geburt in dem Moment stattfinden, in dem der Tod eintritt, denn nur die Geburt von etwas kann sterben und nichts anderes. Außerdem würde die Geburt von etwas das Leben erfordern, um es am Leben zu erhalten. Deshalb muss das Leben präsent sein, wenn der Tod eintritt, sonst kann der Tod einfach nicht eintreten. Da der Tod das Leben enthält, kann es kein Ende sein; es muss das Leben sein, das sich in seine nächste Form verwandelt!

Die Geburt würde den Tod erfordern, um in dem Moment präsent zu sein, in dem die Geburt stattfindet, denn nur der Tod von etwas kann zur Geburt führen und nichts anderes. Und der Tod von etwas würde das Leben erfordern, um es am Sterben zu erhalten. Das Leben muss bei der Geburt präsent sein, sonst kann die Geburt einfach nicht stattfinden. Geburt und Tod sind in jedem Moment als das Leben gegenwärtig, denn das Leben ist ewig. Der Tod ist also das Leben, das sich wandelt!

Das Leben ist eine Reise von Energie oder von Licht und Ton und auf dieser Reise gibt es Tod und Wiedergeburt der Toten in einer verwandelten Form. Tod und Wiedergeburt des Toten ist die Höherentwicklung des Lebens. Also verstehe, dass der Tod das Ende und auch der Anfang ist. Der Tod ist notwendig, damit das Leben überleben kann – das ist das Paradoxon. Das Leben kann nicht ewig sein, wenn der Tod fehlt – das ist das Paradoxon. Gott oder das Leben kann ein ewiges Leben ohne Tod nicht manifestieren – das ist das Paradoxon. Die Ewigkeit muss den Tod einschließen, wenn sie ewig sein soll. Das gesamte Universum stirbt jeden Moment, nur um in jedem Moment geboren zu werden. Das ist die Intelligenz des Lebens. 

Nimm das Leben an, ebenso wie den Tod, denn das Leben ist frisch und der Tod ist eine Einladung zum Wandel. Es gibt nichts, worüber man im Leben trauern müsste, da sich das Leben auf ewig aufrecht erhält. Das Leben war hier, bevor du hineinkamst, und es wird hier sein, auch nachdem du es verlassen hast. Leben und Tod sind zusammen und nie getrennt. Man kann weder das Leben allein noch den Tod allein finden: Sie leben zusammen und sterben zusammen, und das macht Leben und Tod zu einem Mysterium!

Alles im Leben wird als Reflexion des Lichts aufrechterhalten. Das Leben ist Licht oder Seele, und diese Seele ist überall und erscheint als alles, einschließlich der Toten. Die Seele muss präsent sein, damit das Tote präsent ist. Das Tote kann nicht anwesend sein, wenn die Seele abwesend ist. Die Seele verwandelt die Toten in andere Lebensformen. So ist auch in den Toten die Seele gegenwärtig: Die Toten können nicht ohne die Seele sein. Der Glaube, dass die Seele den Körper verlässt, nachdem er tot ist, ist eine Märchengeschichte. Wenn die Seele überall ist, wohin sollte die Seele gehen, nachdem der Körper tot ist? Auch die Toten sind lebendig, weil die Seele in ihnen ist. Es ist nur so, dass der Verstand keine Lebendigkeit in Form von etwas Totem denken kann. Die Seele geht nirgendwo hin, denn sie ist überall. Im Verständnis dessen lebt man in Frieden bis ans Ende seiner Tage. Erleuchtung ist die Erkenntnis, dass die Seele ewig ist – das heißt, Licht ist überall! 

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V. S. Shankar 2019

Anmerkung des Herausgebers:
Dieser Artikel erinnert an einen verehrten, alten Text, der rhetorisch fragt: „O Tod, wo ist dein Stachel? O Grab, wo ist dein Sieg?“ Im Wissen gibt es Leben und Tod. Der Mensch trauert um den Tod eines Menschen – wenn der Körper leblos erscheint; der Mensch freut sich über die Geburt eines Menschen – wenn ein neuer Körper erscheint, der voller Leben ist. So ist die Lebensspanne eines jeden Wesens von Trauer und Freude umrahmt, denn das ist der unerschütterliche Glaube, der das Verhalten des Menschen im Griff hat. 
In der Weisheit jedoch, offenbart durch das tiefe Verständnis, das in diesem Artikel und anderswo geschenkt wird, gibt es keine Trennung von Leben und Tod. Im Verständnis dessen liegt der ewige Frieden.
Julian Capper. 

Anmerkung des deutschen Übersetzers: 
„Die ganze Erde ist das Grab berühmter Menschen; und ihre Geschichte ist nicht nur auf Stein über ihrer Heimaterde eingraviert, sondern lebt weit weg, ohne sichtbares Symbol, verwoben in den Stoff des Lebens anderer Menschen“, meinte der griechische Staatsmann Perikles im antiken Athen. Das Gedenken an die Toten ist traditionell gebunden an einen Ort, in diesem Fall dehnt sich eine lokale Grabstätte auf den ganzen Erdkreis aus, ist aber dennoch begrenzt. Die Weisheit über den Tod in diesem Artikel von Dr. Shankar ist dagegen grenzenlos. Das Wirken des Individuums ist nicht kausal in einem kleineren oder größeren Radius zu verstehen, sondern das gesamte Leben ist eine einzelne Bewegung von Licht und Ton. Das Tote ist Leben, das sich transformiert. Eine Sichtweise, die die Grenzen des Verstandes übersteigt. 
Marcus Stegmaier, Deutschland. 

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