Dr. Vijai S Shankar MD.PhD.
Published on www.academy-advaita.com
Niederlande
13 November 2019

Viele Schauspieler (3)

„Im Leben"

 

Wann wird es geschehen, dass deine Aufmerksamkeit auf den wahren Schauspieler gerichtet ist, anstatt auf das Rollenspiel? Was ruft dieses tiefe Verständnis hervor? Wie kann uns das Verständnis geschehen, dass wir der eine wahre Schauspieler sind, der nicht eine Person unter vielen ist?

Ein wahrer Schauspieler, der keine Person ist und als viele illusionäre Rollen mit einem Charakter auftritt. Wann geschieht uns dieses Verständnis, dass wir der wahre Schauspieler sind, der keine reale Person ist, sondern nur als Rollenspieler in Erscheinung tritt? 

Dieses Verständnis wird genau in dem Moment eintreten, in dem es dazu bestimmt ist. Wie kann dieses Verständnis ein Verständnis vermitteln, dass du ein reiner Beobachter bist, der das Ergebnis des Verständnisses ist?

Was für eine Auswirkung wird das Ergebnis haben? Dass sie dich verblüfft? Dass sie dich einfach verwirrt? Wann tritt diese Spontanität ein, dass du ein reiner Beobachter bist? Was ist die Folge der Aussage, dass in dir eine Kraft ist, die als viele Rollen auftritt?

Du meine Güte! An einem Tag. Wie sich meine Rolle doch andauernd ändert. Für mein Kind bin ich ein Vater. Für das Kind meines Nachbarn bin ich ein Onkel. Das Kind meines Nachbarn nennt mich Onkel und dieses Mädchen oder dieser Junge in meinem Haus nennt mich Vater. Du meine Güte!

Und der vor mir, nennt mich „mein Freund“. Und meine Frau nennt mich Ehemann. Was soll das? Wer bin ich wirklich? Wenn ich wirklich ein Vater wäre, sollte mich jedes Kind „Vater“ nennen. Doch es nennt mich nicht jedes Kind „Vater“. 

Meine Rolle als Vater ist so abhängig von meinem Kind. Würde mein Kind mich nie Vater nennen, wäre ich kein Vater. Das bedeutet, dass jede Rolle vorbeigeht. Es ist eine verschwindende Rolle. Sie ist nicht real, denn das Reale vergeht nicht, nur die Illusion geht vorüber.

Viele Rollen kommen spontan, unkontrollierbar und unvorhersehbar im Moment im täglichen Leben vorbei. Die Rollen wechseln im Laufe des Tages mehrmals. Aber beruhigt das meinen Verstand? Das tut es nicht.

Was sind die Folgen des Verständnisses, dass du ein reiner Beobachter bist, das ist die Frage? Was sind die Folgen, wenn wir verstehen, dass die Folge durch die Intelligenz im Leben offenbart wird, die in uns fließt.

Was also denkst du, könnte die Folge des Verständnisses sein, dass es nur einen Schauspieler allein gibt und viele Rollen? Dass die Vielen mit den vielen Rollen eine Erscheinung der Intelligenz im Leben sind, die in ihnen ist, so wie ich mit meinen vielen Rollen eine Erscheinung derselben Intelligenz in mir bin?

Ein weiser Mann oder eine weise Frau versteht, dass die Folgen, ein reiner Beobachter zu werden, darin bestehen, dass du standhaft, ruhig und geduldig wirst mit Vertrauen in das Leben in jedem Moment.

Die Erleuchteten akzeptieren die vielen Rollen, so wie sie in jedem Moment des täglichen Lebens sind.

Autor: Dr. Vijai S. Shankar
© Copyright V. S. Shankar 2019

Anmerkung des Herausgebers:
Es war eine Versammlung, eine turnusmäßige Versammlung, von ungefähr 120 kleinen Kindern im Alter von 4- bis 11-Jahren und den Mitarbeitern. Eine Figur, genannt Schuldirektor, stand auf der Bühne, vor sich das übliche und oft durchgeführte Rollenspiel. Doch plötzlich werden die Worte des kurz davor gelesenen Artikels lebendig und augenblicklich ist da eine außergewöhnliche Wachsamkeit, in welcher der Verstand noch immer verweilt. Da ist allein eine Präsenz, eine einzige Wachsamkeit im Innern, die alle Personen umarmt, gleich welchen Alters. Kein Kommentar vom Verstand, welcher Art auch immer. Diese Wachsamkeit bleibt als Begleiter auf dieser Lebensreise – ein unbezahlbarer  Schatz, ein Geschenk des Weisen. Solch ein mitfühlender Beschützer mit vollkommenem Vertrauen in das Leben des Menschen. Ja, so ist es.
Julian Capper. Großbritannien

Anmerkung des deutschen Übersetzers:
Die Bezugspunkte für die zahlreichen Rollen, die das tägliche Leben mit jedem Einzelnen spielt, sind begrenzt und vergänglich. Die Arbeit, die wir verrichten, bestimmt unsere berufliche Identität, unser Familienstand bestimmt unsere private Identität. Doch wer sind wir jenseits dieser zeitgebundenen Existenz? Eine Frage, auf die der denkende Mensch schon seit Urzeiten die Antwort sucht. Die klare Antwort der Weisen, wie hier in einfachen Worten dargelegt, ist von so tiefer Bedeutung, dass sie vom Menschen nicht leicht akzeptiert werden kann, beruht doch seine gesamte Motivation, so illusionär sie auch sein mag, und seine alltägliche Orientierung auf den Rollen, die er in der Gesellschaft spielt. Das Rollenspiel als illusionär zu durchschauen, ist wirklich eine vom Leben geschenkte Gnade, denn so offenbart sich wahre innere Unabhängigkeit in jeder Lebensrolle in jedem Moment und besonders dann, wenn eine bestimmte Rolle, aus welchem Grund auch immer, zu Ende geht. 
Marcus Stegmaier, Deutschland. 

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