Marcus Stegmaier, M.A.

Veröffentlicht auf www.nevernothere.com

USA

11.05.2010

 

 

“Das Leben ist der Beobachter, nicht das Ego!”

 

Im Licht des Beobachters verschwindet das Ego: Ein wütender Gedanke zum Beispiel bleibt nicht lange, wenn er einfach nur vom Beobachter beobachtet wird; wenn sich allerdings das Ego darin verwickelt, erhält sich Ärger durch ständige Wiederholung selbst aufrecht.

 

An einem bestimmten Punkt im Prozess der Höherentwicklung des Egos in den Beobachter geschieht es häufiger, dass der Beobachter auf der Bühne des illusionären Lebens erscheint und durch seinen Auftritt das Ego und dessen egoistische Reaktionen scheinbar ablöst. Dies wird vom Ego als Freiheit wahrgenommen, denn es wünscht sich ja, Freiheit von seinen eigenen konditionierten Reaktionen zu erlangen.

 

So lange ein absolutes Verständnis des Verstandes noch nicht geschehen ist, könnte die Täuschung aufkommen, dass da ein „erleuchteter Beobachter“ existiert, der egoistische Reaktionen des Egos „neutralisiert“, indem er den Gedanken verschwinden lässt. Doch dies bedeutet nichts anderes, als dass das Ego wieder zurück ist und den ganzen Prozess der Höherentwicklung als seine eigene Tat interpretiert. Dies ist nichts weiter als ein spirituelles Ego, das denkt, dass es seine „eigene Aufmerksamkeit“ dazu nutzen könne, egoistische Reaktionen zu beseitigen. Es behauptet, dies sei „sein Beobachten“ und sagt sich: „Ich benutze es, um weniger egoistisch zu werden. Ich habe beobachtet anstatt als das Ego zu reagieren.“

 

Der Beobachter behauptet niemals, etwas zu tun, der Beobachter beobachtet einfach nur. Der Beobachter erscheint, wenn es ihm bestimmt ist zu erscheinen, und nicht, wenn das Ego es will. Die Überzeugung, ein „erleuchteter Beobachter“ zu sein, der die Fähigkeit habe, das Ego zu überwinden, ist eine Illusion, die vom Leben manifestiert wird, um die illusionäre Welt als real aufrecht zu erhalten.

 

Das Leben ist der Beobachter und nicht das Ego! Das Leben ist ein erleuchteter Zustand, du bist dieser erleuchtete Zustand. Und in diesem erleuchteten Zustand erscheint die Illusion eines Egos, das „erleuchtet“ ist und die Fähigkeit hat, den Prozess des Beobachtens zu steuern.

 

Und genau dies ist der Zustand, in dem sich die spirituellen Lehrer befinden. Ein Lehrer ersetzt den Gedanken, das der Mensch das Ego sei, durch den Gedanken, dass der Mensch der Beobachter sei, indem er die Schüler dazu ermutigt, zu beobachten, anstatt auf etwas zu reagieren, und zwar ohne gleichzeitig klar zu stellen, dass auch Beobachten einfach nur geschieht und nicht vom Ego kontrolliert wird. Dies stärkt lediglich das spirituelle Ego.

 

Nur ein wahrer Guru wird dem Menschen deutlich erklären, dass Beobachten geschieht, wenn es bestimmt ist zu geschehen, und nicht weil das Ego will, dass es geschieht. Der Guru zeigt dem Menschen, was der Mensch nicht ist - jenseits aller Zweifel. Das absolute Verständnis dessen, was der Mensch nicht ist, lässt den erleuchteten Zustand des Lebens sich selbst spontan und unkontrollierbar von selbst offenbaren. Und der wahre Guru wird niemals sich selbst als erleuchtet erklären, weil er oder sie sich bewusst ist, kein Guru zu sein, sondern der Beobachter, der das illusionäre Geschehen eines Gurus beobachtet; eines Gurus, der mit illusionären Worten erläutert, warum jegliches Wissen im Verstand illusionär ist. Welch ein Mysterium!

 

© Copyright 2010 Marcus Stegmaier, M.A.

 

 

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